Schneller reisen als das Licht: Dieser Traum wird uns in unzähligen Science-Fiction-Filmen und Büchern vorgelebt. Ohne überlichtschnelle Raumschiffe wären die Flüge zwischen den Sternen, die man bei "Star Trek" oder "Star Wars" miterleben kann, eine ziemlich lange und vor allem langweilige Angelegenheit. Schon rein aus dramaturgischen Gründen müssen sich die Protagonisten hier schneller als das Licht fortbewegen können.

Aber auch im echten Leben träumen viele Science-Fiction-Fans von einer Zukunft, in der wir tatsächlich mit einem "Warp-Antrieb" zu den Sternen aufbrechen können. Und man macht sich wenig Freunde, wenn man dann darauf hinweist, dass diese Zukunft wohl immer ein Traum bleiben wird.

Einsteins Limit

Die Lichtgeschwindigkeit als maximale Grenze für die Bewegung durch das Universum hat Albert Einstein in seiner Relativitätstheorie im Jahr 1905 festgelegt. Seine Überlegungen – in Experimenten und Beobachtungen immer wieder bestätigt – zeigen, dass die Energie, die nötig ist, um irgendeine Masse zu beschleunigen, nicht linear mit der gewünschten Geschwindigkeit steigt. Je näher man der Lichtgeschwindigkeit kommt, desto aufwendiger ist es, noch schneller zu werden.

Und um so schnell wie das Licht zu werden, bräuchte man unendlich viel Energie. Der einzige Ausweg aus diesem Dilemma wäre es, sich nicht durch den Raum zu bewegen sondern den Raum selbst irgendwie zu "verbiegen". Anstatt von A nach B zu reisen, bleibt man quasi bei A und holt B zu sich heran.

Warp in der Wissenschaft

Das ist die Grundidee des "Warp-Antriebs", der überraschenderweise nicht nur in Science-Fiction-Serien auftaucht, sondern auch in der echten wissenschaftlichen Literatur. 1994 hat der Physiker Miguel Alcubierre eine auf Einsteins Relativitätstheorie basierende Arbeit veröffentlicht, die den Titel "The warp drive: hyper-fast travel within general relativity" trägt. Darin erklärt er, dass es zumindest theoretisch möglich wäre, den Raum so zu verbiegen, dass man eine Art "Blase" erhält, die sich mit Überlichtgeschwindigkeit bewegt.

Genauer gesagt: Bei dieser Methode wird vor einem Raumfahrzeug der Raum zusammengedrückt und dahinter auseinandergezogen. Das Raumschiff bewegt sich so nicht durch den Raum, sondern der Raum selbst verschiebt sich – und mit ihm das Schiff. Und da die Lichtgeschwindigkeit nur die Grenze für Bewegungen durch den Raum darstellt, der Raum selbst aber expandieren kann so schnell er will, gibt es hier keinen Konflikt mit der Relativitätstheorie.

Aber nur weil etwas theoretisch nicht unmöglich ist, ist es deswegen noch lange nicht real. Um den Raum einmal zu dehnen und einmal zu stauchen, reicht die normale Masse nicht aus, die wir in unserem Universum haben. Wir bräuchten dazu zusätzlich noch "exotische" Materie, die eine negative Masse hat.

Negative Masse

Rein mathematisch ist das kein Problem – man muss in den Formeln nur das Vorzeichen ändern. In der Realität weiß allerdings niemand, wie man sich Materie mit negativer Masse vorzustellen hat bzw. ob so etwas überhaupt existieren kann. Und selbst wenn, dann bräuchte man davon absurd große Mengen. Je nach Modell und Berechnung wäre für die Umsetzung eines Alcubierre-Antriebs eine Masse nötig, die die Masse der Materie im beobachtbaren Universum deutlich übersteigt.

Das gleiche gilt übrigens auch für die in der Science-Fiction beliebten Wurmlöcher: Auch diese Abkürzungen zwischen zwei weit entfernten Regionen im Weltraum tauchen in den auf der Relativitätstheorie basierenden wissenschaftlichen Hypothesen auf. Aber um sie zu stabilisieren und als echte, für Raumfahrzeuge passierbare Tunnels nutzen können, wäre ebenfalls die "exotische" Materie nötig, von der niemand weiß ob es sie überhaupt geben kann.

Das Beste was man über diese Art des überlichtschnellen Reisens sagen kann, ist, dass noch nicht absolut zweifelsfrei nachgewiesen wurde, dass es tatsächlich unmöglich ist. Was den Wissenschaftern nicht gelungen ist und vermutlich nie gelingen wird, haben die Esoteriker laut eigener Aussagen dagegen schon längst geschafft: Sie haben sich die Überlichtgeschwindigkeit zunutze gemacht, und das mit erstaunlichen Ergebnissen. "Tachyonen"-Produkte gehören mittlerweile zum Standardsortiment fast jedes Esoterikladens.

"Freie Energie"

Im Online-Shop von "Vitalation" beispielsweise, wo einem auch gleich erklärt wird, worum es sich dabei handelt: "Tachyonen bewegen sich mit Überlichtgeschwindigkeit und sind eine Form "Freier Energie", die uns überall umgibt und sogar feste Materie im Normalfalle immer durchdringen kann. Diese "Freie Energie" steht uns allen und jederzeit in genügender Menge zu Verfügung! Viele wissen jedoch nicht, sie zu nutzen!"

Den Esoterikern sind allerdings jede Menge Möglichkeiten der Nutzung eingefallen. So gut wie alles lässt sich "tachyonisieren". Es gibt Tachyonen-Kristalle und Tachyonen-Schmuck; man kann Massageöl genau so tachyonisieren wie Wasser, Kleidung, Kinderspielzeug oder Hundefutter. Und hat man all diese Sachen dann mit ausreichend Tachyonen-Energie aufgeladen, kann man damit wahrlich wunderbare Dinge anstellen.

Denn die überlichtschnellen Teilchen "führen dem Organismus nutzbare biologische Energie zu, die Ihrem Körper erlaubt, zur inneren Urordnung zurückzufinden." Und sie machen "die Intelligenz und universelle Kraft der kosmischen Urenergie für jeden Menschen direkt nutzbar. Tachyon-Energie ist nicht nur für das körperliche Wohlbefinden, sondern auch zur Lösung emotionaler Blockaden und zur geistigen Entwicklung einsetzbar".

Überlichtgeschwindigkeitsakkupunktur

Natürlich sind diese esoterischen "Hightech"-Produkte nicht ganz billig. Für ein Fläschchen mit 224 Gramm "Green Matrix" – eine Mischung aus tachyonisierten Algen, Schwefel, Mineralien und Vitaminen – muss man beispielsweise 116 Euro hinlegen. Eine Packung mit drei tachyonisierten "Silica Disks" kostet 217 Euro. Die kann man dafür aber dann auch im Garten eingraben, um die Gemüseernte zu verbessern. Im Kühlschrank lassen sich damit die Lebensmittel "aufladen", im Sicherungskasten montiert wird angeblich schädliche "Strahlung" blockiert.

Bei diesen Preisen kann man auf die Idee kommen, die Tachyonisierung selbst zu übernehmen. Aber Vorsicht: "Die meisten Tachyon Konverter, die als solche verkauft werden, sind schlechtweg nur einfache Holzkisten ohne Leistung", wird da bei "Tachyonen-Onlineshop.de" gewarnt – nur um gleich im Anschluss auf die "echten" (und entsprechend teuren) Konverter des eigenen Sortiments zu verweisen.

Wem das aber alles zu stressig ist, der fährt einfach nach Bad Gastein. Wie die Stadt auf ihrer Homepage informiert, kann man dort eine "Therapie mit Tachyonen" absolvieren und sich sogar einer Überlichtgeschwindigkeitsakkupunktur ("Tachopunktur") unterziehen. Denn: "Dadurch entsteht Ordnung, wo Unordnung herrscht."

Unbestätigt, nicht ausgeschlossen

Wissenschaftlich ausschließen lässt sich die Existenz von Tachyonen übrigens nicht! Einsteins Gleichungen kann man auch auf eine andere Art und Weise lösen, so dass rein formal damit Teilchen beschrieben werden, die sich immer schneller als das Licht bewegen müssen. Wollte man sie auf Unterlichtgeschwindigkeit bremsen, wäre dafür unendlich viel Energie nötig. Aber nur, weil man solche Teilchen mathematisch beschreiben kann, folgt daraus nicht, dass sie auch tatsächlich existieren müssen.

Experimente, bei denen man sie finden hätte können, haben bis jetzt immer ein negatives Ergebnis geliefert. Und selbst wenn es sie geben sollte, kann man sie nicht in Kristallen, Algenpulver oder "Silica Disks" einfangen. Was die Esoteriker aber natürlich nicht darin hindern wird, neue Überlichtgeschwindigkeitsprodukte aller Art zu entwickeln. Nur Raumschiffe findet man leider immer noch nicht im Sortiment ... (Florian Freistetter, 13.10.2015)