Die Bultaco Brinco hat einen Gashebel und Pedale zum Selbertreten. Bis zu 60 km/h schnell wird der Humanhybrid, wenn es Gesetzgeber und Muskelkraft zulassen. Die Brinco ist ein E-Motorrad mit Pedalen, ein Mountainbike mit E-Motor und Bultacos erstes neues Zweirad. Eine Enduro mit E-Antrieb und Hybrid-Motorräder werden in den nächsten Jahren folgen.

Foto: Bultaco

Don Paco Bulto baute das Unternehmen Bultaco auf, musste es aber auch schließen. Nun ersteht die große spanische Marke neu, unter Führung des Österreichers Gerald Pöllman.

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Die Brinco ist eine Mischung aus Hard-Enduro und E-Bike. Aus der Motorradwelt kommen Speed und das Fahrwerk, das man flott an die jeweiligen Bedürfnisse anpassen kann.

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Na, wenn du jetzt nicht bald Geschwindigkeit abbaust, wird es langsam Zeit, sich zu überlegen, ob es ein klassischer Gips sein darf, auf den die Mama dann ein Herzerl oder ein Moped malt, oder doch eine von diesen modernen Plastikschienen. So in etwa lassen sich die Gedanken ins Magazinfähige übersetzen, wenn dir die Brinco das erste Mal zeigt, dass man sie nicht unterschätzen darf. Aus der Bremserei ist nichts geworden, dazu war die Zeit zwischen dem Erkennen der Rampe mit dem darauffolgenden Graben zu kurz. Der Absprung hat dann aber gut geklappt. Und das Herzrasen nach der geglückten Landung kam sicher nur von der körperlichen Anstrengung davor. Mit Angst hat das nichts zu tun. Geht ja gar nicht. Denn für einen Typen wie mich, der vom Motorrad kommt, ist die Brinco nicht mehr als ein besseres Fahrrad. Gut, für einen Radler ist sie ein klobiges Trumm Eisen. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen.

Damals und heute

Man muss sich aber nicht nur der Brinco ganz unvoreingenommen nähern, sondern der ganzen Marke Bultaco. Die einzige augenscheinliche Verbindung zur Marke, die so stark emotional aufgeladen ist, ist die Aussage von Daniel Oliver Bulto: "Wenn mein Großvater heute ein Motorrad erzeugen würde, dann wäre es genau so wie die Brinco." Na klar.

Don Paco Bulto führte in den 1950er-Jahren Montesa, schmiss aber 1958 alles hin und gründete am 14. Mai Bultaco. Die Marke fuhr bald einen Sieg nach dem anderen ein und dominierte auf der Straße wie im Gelände. Das Logo mit dem Daumen hoch kennen wir nicht zuletzt von einem anderen Enkel Don Paco Bultos: Der ehemalige MotoGP-Pilot Manuel "Sete" Gibernau Bulto trug es während seiner aktiven Zeit gerne im Schulterbereich.

Von Magna zu Bultaco

Daumen runter hieß es für Bultaco 1983, und die Fabrik musste schließen. Am 14. Mai 2014, 65 Jahre nachdem Paco Bulto die Firma gründete, wurde Bultaco wieder zum Leben erweckt. Der E-Motorrad-Hersteller LGN Tech stand hinter dem Deal. So schließt sich der Kreis zum Human-Hybrid, der nun unter dem Namen Bultaco Brinco die Welt erobern soll. Präsident des Unternehmens ist heute der Österreicher Gerald Pöllman. Er arbeitete bei Magna in Graz, bevor er 2010 nach Katalonien kam, wo unweit des Circuit de Catalunya das neue Bultaco-Werk steht.

Es liegt also auf der Hand, die Brinco das erste Mal auf dem Offroad-Gelände neben der Rennstrecke auszuführen. Oliver Daniel Bulto ist hier wie daheim und betreut mit seinem Bruder die Motocross- und Enduro-Pisten rund um den Ring. Fast lautlos gleiten wir über die Wiesen und einzelnen Abschnitte der Motocross-Piste. Dort und da knirscht der Schotter. Aber das hört man nur leise. Denn auf dem Circuit dreht eine MotoGP ihre Testrunden und füllt die Gegend mit dem infernalischsten Gebrüll, das man mit vier L-förmig angeordneten Zylindern erzeugen kann.

Gasgriff und Pedale

Das hat seine Vorteile – man hört die Angstschreie, die eigenen, auf der Brinco nicht. Der E-Motor beschleunigt dieses Gefährt auf bis zu 60 km/h – oder 45 km/h, wenn die Brinco als Moped für die Straße zugelassen ist. Man beschleunigt wie beim Motorrad über den Gasgriff, und dann kann man, unabhängig davon, dazu auch noch kräftig in die Pedale treten. Das funktioniert bei jedem Tempo sehr gut.

Die Stärke der Brinco ist ihr einfach einzustellendes Fahrwerk. Selbst große Sprünge sind für sie ein Klacks. Die Brinco hat ein fantastisches Handling, ist aber zu schwach fürs Crossen, oder mit 40 Kilogramm zu schwer fürs Radeln. Die 4800 Euro, die Bultaco ausruft, sind aber ein fairer Preis für viel Spaß. (Guido Gluschitsch, 17.10.2015)