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Immer die fleißige 1er-Schülerin zu sein muss sich noch lange nicht auszahlen.

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Brigitte Witzer
Die Fleißlüge
Warum Frauen im Hamsterrad landen und Männer im Vorstand
Ariston-Verlag 2015
288 Seiten, 16,99 Euo

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"Das Hamsterrad sieht von innen aus wie eine Karriereleiter": Das ist das Leitmotiv in Brigitte Witzers neuem Buch "Die Fleißlüge". Die Stoßrichtung macht schon der Untertitel deutlich: "Warum Frauen im Hamsterrad landen und Männer im Vorstand". Höchstleistungen, so die Autorin, selbst zuvor technische Verlagsleiterin, dann Professorin, jetzt Coach im Veränderungsmanagement, führten eben nicht unweigerlich in die Topetagen der Macht – und besonders selten Frauen. Fleiß sei eine, besonders im deutschsprachigen Raum, noch immer hochgelobte, aber völlig überschätzte Eigenschaft.

Witzer zeichnet vier Stadien im (Berufs-)Leben einer Frau: das der Prinzessin, das der immer fleißigen "Superbiene", gefolgt von jenem der "Heldin" und im besten Fall gekrönt von jenem der "Königin". Die Prinzessin erfülle "alte, gesellschaftliche Aufträge", sei bestens ausgebildet, aber lasse sich auswählen. Die "Superbiene" arbeite sich artig bis ins mittlere Management, "nimmermüde, schlaflos und hart gegen sich selbst", hier sei für sie – Ausnahmen bestätigen die Regel – karrieretechnisch aber Schluss. Weiter komme man nicht mit Fleiß, sondern mit "Strategie, mit Macht und mit guten Netzwerken".

Gefühle durch Fleiß töten

Überhaupt lässt Witzer kein gutes Haar an der Superbiene: "Die Superbiene weiß wenig von sich und ihren Talenten. Diesen fehlenden Kontakt zu sich selbst fühlt sie nicht, sie tötet diese Gefühle durch Fleiß ab." Diese harten Worte, man ahnt es schon, sind auch eine Abrechnung der Autorin mit sich selbst. Immer wieder weist sie auf ihre Biografie, ihr ehemaliges Dasein als Superbiene hin: "Wir bleiben in der vermeintlichen Sicherheit und lassen nicht zu, dass uns das Entsetzen darüber erfasst. So wie es unsere Mütter und ebenso Väter uns gelehrt haben."

Erst durch das Verlassen dieser vermeintlichen Sicherheit sei der Übergang in den Zustand der "Heldin" möglich. Diese verhalte sich "heroisch", bevorzuge Prestigeaufgaben und wolle sich unbedingt durchsetzen. Heldinnen seinen verkürzt gesagt "unabhängig, reich und frei – wie die Männer". Sie übernähmen deren wirkungsvollste Mechanismen und würden so zu "freundlichen lächelnden Dominas" – ein in seinen Schnürstiefeln hinkendes Bild.

Domina, adé!

Heldinnen kommen, so die Autorin, "in eine Täterenergie". Aber die bloße Opfer-Täter-Umkehr scheint ihr zu kurz gefasst und nicht zielführend. Erst die "Königin" transformiere "Fleiß durch Übernahme von Verantwortung". Witzer bringt hier das sogenannte Eisenhower-Prinzip ins Spiel. Unterschieden wird dabei zwischen Wichtigkeit und Dringlichkeit. Was wichtig und nicht dringend ist, terminiert die Königin und erledigt es selbst. Was nicht wichtig und nicht dringend ist, wandert umgehend in den Papierkorb. Was nicht wichtig, aber dringend ist, delegiert sie. Nur was wichtig und dringend ist, erledigt sie sofort selbst.

Dieses Stadium nennt Witzer "postheroisches Management". Die Königin sei "ausschließlich interessiert an Aufgaben, die energetisieren". Eine angenehme Vorstellung, die in der Praxis nicht immer umzusetzen sein wird – aber sie ist stets Teil dieser Art von Ratgeberliteratur. Eine inhaltliche Straffung und das Ausräumen von häufig auftretenden Wiederholungen hätte dem Buch in jedem Fall nicht geschadet. (Tanja Paar, 14.10.2015)