Bischof Wilhelm Krautwaschl mit neuen Mitbewohnern: Vater Jamal (2. v. l.) mit seinen fünf Kindern.

Foto: J. J. Kucek

Graz – "Die Leute hier sind alle freundlich", sagt die achtjährige Ayah. Sie geht in Graz zur Schule und hat eine ungewöhnliche Adresse in der Innenstadt: das bischöfliche Ordinariat, wo sie mit ihren Eltern und vier Brüdern im Alter von elf bis 18 Jahren lebt. Die Familie ist aus Nordsyrien geflohen, auch die Brüder gehen nun alle in Graz zur Schule. Montags erhalten alle daheim Deutschunterricht.

DER STANDARD besuchte die muslimische Familie, die Mitte September von Traiskirchen an den Bischofsplatz zog und hier auf den Asylbescheid wartet, als sie mit Bischof Wilhelm Krautwaschl bei Kaffee, Tee und Kuchen saß. "Wir haben noch nicht viel Zeit miteinander verbringen können", sagt Krautwaschl, "ich bin zurzeit sehr viel unterwegs in der Steiermark." Noch muss eine Dolmetscherin helfen, doch man versteht einander offenbar gut. Vater Jamal (46) und der Bischof lachen wiederholt herzlich miteinander.

Riskante Schlauchbootfahrt

Die Mutter Eman (39) erzählt derweil von der Flucht über Jordanien, die Türkei und Griechenland und von einer riskanten Schlauchbootfahrt. Man sei froh, in Graz in Sicherheit zu sein, sagt sie. Doch bei der Frage nach dem ältesten Sohn füllen sich die Augen des Ehepaars mit Tränen. Er ist 20 und wartet in Wien darauf, seine Frau und sein Baby aus einem Flüchtlingslager in Jordanien nachzuholen. "Wir hoffen sehr, dass es noch vor Wintereinbruch gelingt", sagt Eman.

In der Steiermark begann die Diözese bereits im Oktober 2014 mit der Caritas, Quartiere für Flüchtlinge zu suchen. Aktuell leben mehr als 800 in Einrichtungen der katholischen Kirche. Am Bischofshof in Graz wohnt außerdem ein junges österreichisches Ehepaar in der ehemaligen Weihbischofswohnung. Für Krautwaschl ist ein volles Haus nicht ungewöhnlich. Er lebte bis zu seiner Weihe in einer WG. (Colette M. Schmidt, 13.10.2015)