Bald zählen nicht mehr nur die nackten Zahlen. Die neue Richtlinie zur verpflichtenden Berichterstattung nichtfinanzieller Belange sei für viele Unternehmen eine Chance, sagt Traude Kogoj, Gleichbehandlungsbeauftragte der ÖBB.

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Ein Teil der Führungskräfte wird in der EU-Richtlinie zur verpflichtenden Berichterstattung nichtfinanzieller Belange eine weitere Schikane der EU sehen, erwartet die Gleichbehandlungsbeauftragte der ÖBB, Traude Kogoj. Und dann gebe es die anderen Führungskräfte. Diese wüssten, dass die "Humanressourcen" von morgen andere Ansprüche an das Unternehmen stellen als noch vor zehn Jahren: Nur jene Unternehmen würden Talente anziehen und halten können, deren Unternehmenskultur Vielfalt – Diversität – in jeder Ausprägung berücksichtigt.

Diversity in Zahlen

Eine Kultur, die konstruktive Auseinandersetzung, unterschiedliche Meinungen, kreative Inspirationen zulässt und auch aushält. Kogoj ist überzeugt: "Diese Führungskräfte werden die Anforderungen, die die Änderung der Richtlinie mit sich bringt, zu ihrem Vorteil zu nutzen wissen: Das heißt, sie können nun ein Diversity-Management aufbauen, dessen Erfolg sich anhand valider Zahlen nachweisen lässt. Dieser Nachweis wird auch zahlenorientierte Finanzvorstände von den Vorteilen überzeugen."

Wer betroffen sein wird

Verabschiedet im Frühjahr 2014, wird die Richtlinie ab 2017 in Österreich gelten – für rund 200 Unternehmen. Aktuell ist das Konsultationsverfahren gelaufen, das Justizministerium beschäftigt sich derzeit mit der Aufarbeitung.

Die Spielregeln

Darum geht es: Große Unternehmen, die von öffentlichem Interesse sind und mehr als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen, sollen in ihren Lagebericht eine nichtfinanzielle Erklärung aufnehmen, deren Angaben "sich mindestens auf Umwelt-, Sozial-, und Arbeitnehmerbelange, auf die Achtung der Menschenrechte und auf die Bekämpfung von Korruption und Bestechung beziehen".

Unternehmen, die eine Erklärung zur Unternehmensführung abgeben, müssen "eine Beschreibung der Diversitätsstrategie, die im Zusammenhang mit der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane des Unternehmens in Bezug auf Aspekte wie beispielsweise Alter, Geschlecht, Bildungs- und Berufshintergrund verfolgt wird, die Ziele dieser Diversitätsstrategie sowie der Art und Weise der Umsetzung dieser Strategie und der Ergebnisse" aufnehmen. Verfolgt ein Unternehmen diese Strategien nicht, so muss es dies erläutern.

Neue Richtlinie als Chance

Damit wird die Kultur der (bis jetzt) freiwilligen Nachhaltigkeitsberichterstattung einen wesentlichen Schub erhalten, sagt Christine Jasch, Initiatorin der Austrian Sustainability Reporting Awards (Asra) und Leiterin des Nachhaltigkeitsausschusses in der Kammer der Wirtschaftstreuhänder. "Diese Richtlinie ist eine Möglichkeit, um von den Getriebenen zu ‚Gestaltenden‘ zu werden. Es liegt (wieder) an den Führungskräften, diese Chance zu nutzen", so Kogoj. (Karin Bauer, 22.10.2015)