Einst in der Sammlung Grünbaum: Egon Schieles Aquarell "Sitzender weiblicher Rückenakt mit rotem Rock" (1914).


Foto: Albertina

Wien – Geht es um Werke Egon Schieles, die seit Jahren Gegenstand von teils gerichtlichen Disputen sind, dann könnte der 15. Oktober 2015 als Tag der Entscheidungen bezeichnet werden. Im Zuge einer Leihgabe an die Neue Galerie Linz (Lentos) 1951, waren (neben einer Klimt-Zeichnung) ein Aquarell und ein Ölbild Schieles verschwunden. Die Erben der einstigen Besitzerin zogen vor Gericht. Jetzt hat das Landesgericht Linz geurteilt: Die Stadt habe eine Entschädigung von 8,24 Millionen Euro zu bezahlen. Bürgermeister Klaus Luger kündigte an, eine Berufung prüfen zu lassen.

Von größerer Reichweite sind jedoch die aktuell vom Kunstrückgabebeirat verlautbarten Beschlüsse: In den Fällen Alfred Menzel (Albertina), Siegfried Fuchs (Österreichisches Museum für Volkskunde) und Maria Gerngross (KHM, Sammlung alter Musikinstrumente) wurde eine Rückgabe empfohlen. In der Causa Fritz Grünbaum empfahl man hingegen keine Restitution: Die Kreidezeichnung und ein Aquarell bleiben im Bestand der Albertina.

Verbleib unbekannt

Dorthin waren die beiden Blätter 1988 über eine Schenkung Elisabeth Lederers, der Witwe nach Erich Lederer, gelangt. Der Verbleib in den Jahren davor ist – wie der Rest von Grünbaums Sammlung – nicht vollständig rekonstruierbar. Der Kabarettist war 1938 deportiert worden und verstarb 1941 in Dachau, seine Ehefrau Elisabeth wurde 1942 in Maly Trostinec ermordet. Die in einer Spedition eingelagerten Kunstwerke dürften im Verfügungsbereich der Familie geblieben sein.

Trotz jahrelanger internationaler Recherche konnten Experten keinen Hinweis für eine Entziehung oder Beschlagnahme finden (auch nicht im Zuge dreier Gerichtsverfahren in New York). Gesichert ist: Grünbaums Schwägerin Mathilde Lukacs verkaufte von 1952 bis 1956 insgesamt 72 Werke Schieles aus dieser Kollektion an Kornfeld & Klipstein (Bern).

Zu den dort teils versteigerten Werken gehören auch solche im Leopold-Museum: drei nachweislich (u. a. das Gemälde Tote Stadt III), fünf mutmaßlich. Das vom Ministerium eingesetzte Gremium entschied bereits 2010: keine NS-Raubkunst, keine Restitution.

Dieser Beurteilung schloss sich nun der Kunstrückgabebeirat an. Auch zur Erleichterung renommierter US-Museen (u. a. Museum of Modern Art), die ebenso Schiele-Werke dieser Provenienz besitzen wie zahlreiche internationale Kunstsammler.

Denn die Familie hatte nach 1945 Zugriff auf die Kunstwerke, wie der Beirat begründet. Es konnten keine Suchanfragen oder Rückstellungsanträge festgestellt werden. Also sei anzunehmen, dass es Elisabeth Grünbaum gelungen war, "die Sammlung oder zumindest einen Teil" in Verwahrung zu geben, und dass diese so an ihre Schwester Mathilde gelangte.

Herbert Gruber, der gemeinsam mit der Hoerner Bank (Heidelberg) die Erben nach Grünbaum vertritt, hatte bereits vor der Empfehlung des Beirates vor einigen Wochen eine Klage gegen die Republik Österreich in den USA angekündigt. Ob nun amerikanische Gerichte bemüht werden, lässt der Genealoge durchblicken, liege im Ermessen der Erben. Mehr gebe es dazu derzeit nicht zu sagen. (Olga Kronsteiner, 15.10.2015)