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Wie man eine Protestpartei zähmt. Wolfgang Schüssel hat die Lektion gut gelernt.

Foto: EPA / ROBERT JAEGER

Angesichts von über hundert, vielfach irreführenden Postings zu meinem Userkommentar (Besinnung auf Bruno Kreisky) ein paar nachträgliche Gedanken und Klarstellungen.

1. Rechtsextreme Parteien sind historisch gekennzeichnet durch Militarisierung, Führerprinzip und aggressive außenpolitische Orientierung. In dieses Schema passt der moderne Rechtspopulismus nicht hinein – auch wenn es hier über die Vätergeneration Verbindungen geben mag.

2. ÖVP und SPÖ sind Parteien der politischen Mitte, die aber ihre Stammwähler verloren und ihr christliches beziehungsweise soziales Erbe weitgehend preisgegeben haben.

3. Es liegt mir fern, der FPÖ das Wort zu reden. Ihr Erfolg und der Erfolg vergleichbarer Parteien liegt aber darin begründet, dass sie Themen ansprechen, die von den anderen Parteien lange totgeschwiegen wurden. Der Versuch, solchen Protestparteien grundsätzlich die Koalitionswürdigkeit abzusprechen, sie also moralisierend auszugrenzen, ist längerfristig gefährlich.

4. Bruno Kreisky wusste, dass seine Minderheitsregierung 1970–1971 ohne Duldung durch die FPÖ chancenlos gewesen wäre. Insoweit war er Realpolitiker. Er gehörte außerdem zur Generation junger Sozialdemokraten, die seit 1933–34 den "Hauptfeind" im Austrofaschismus sahen und mit "Nazis" die Gefängniszellen teilten. Das mag manches erklären, wenn auch nicht entschuldigen.

5. Der eiskalte Realpolitiker Wolfgang Schüssel hat die Lektion gut gelernt, dass man eine Protestpartei am leichtesten zähmt, indem man sie durch Teilhabe an der Macht korrumpiert.

Wie es aussieht, wird die ÖVP in Oberösterreich Ähnliches versuchen. Der SPÖ und den Grünen bliebe dann nur der Trost der eigenen moralischen Überlegenheit. (Robert Schediwy, 23.10.2015)