Es war erst sein zweiter öffentlicher Auftritt, aber dieser machte ihn auf einen Schlag weltberühmt: Der damalige SED-Funktionär Günter Schabowski verkündete als zuständiges Politbüromitglied in einer Pressekonferenz in Ostberlin am späten Nachmittag des 9. November 1989 die Öffnung der Berliner Mauer. Er tat dies fast beiläufig und vor allem verfrüht, denn eigentlich sollte er nur Reisefreiheiten für DDR-Bürger mitteilen.
Aber auf die Nachfrage von Journalisten, wann das in Kraft trete, sagte Schabowski zögernd mit Blick auf den vor ihm liegenden Zettel: "Das tritt nach meiner Kenntnis ... ist das sofort, unverzüglich." Das sind die wohl berühmtesten Stottersätze der jüngeren Zeitgeschichte, die in Berlin eine Massenbewegung Richtung Mauer auslösten. Die Nachricht ging sofort um die Welt.
Ein Irrtum als Sensation
Der damalige Politbürochef Egon Krenz sagte später: "Ich werfe ihm den Irrtum nicht vor. Niemand kann sagen, wie sich die Bevölkerung verhalten hätte, wenn die Grenzöffnung wie geplant erst am Morgen des 10. November erfolgt wäre."
Im Gegensatz zu vielen anderen DDR-Politgrößen bekannte sich Schabowski, der einst der Hitlerjugend angehört hatte, zu Mitverantwortung und moralischer Schuld. Die DDR sei ein untaugliches System gewesen und an sich selbst zugrunde gegangen, lautete sein Fazit. 1990 wurde der gebürtige Anklamer aus der SED-Nachfolgepartei PDS, die mittlerweile in der Linkspartei aufgegangen ist, ausgeschlossen. Im Politbüro-Prozess wurde er verurteilt und nach einem Jahr Haft im offenen Vollzug vom damaligen Berliner Bürgermeister Eberhard Diepgen begnadigt.
Arbeit in Westdeutschland
Nach der Wiedervereinigung arbeitete der frühere Chefredakteur des SED-Zentralorgans "Neues Deutschland" als leitender Redakteur bei den "Heimat-Nachrichten" in Rotenburg an der Fulda in Hessen. Die letzten Lebensjahre verbrachte er nach mehreren Infarkten und Schlaganfällen in einem Berliner Pflegeheim. Wie seine Frau Irina, eine ehemalige TV-Journalistin, mitteilte, starb Schabowski Sonntagfrüh im Alter von 86 Jahren. (Alexandra Föderl-Schmid, 1.11.2015)