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Stöpselte 1965 die E-Gitarre ein und spielte innerhalb von 14 Monaten drei seiner besten Alben ein: Bob Dylan, der am 15. und 16. 11. mit ganz anderen Songs in Bregenz zu Gast ist.

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Als Doppel-CD, 3-LP-Set, 6-CD- und 18-CD-Box erhältlich: "The Cutting Edge" (Columbia / Sony).

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Wien – Am Anfang ein Trommelschlag wie der Schuss aus einem Gewehr. Die mit schneidend sarkastischer Stimme vorgetragene Tirade, die daraufhin, eingebettet in einen karnevalesken Sound aus Drums, Tamburin, Hammond-Orgel und schillernder E-Gitarre, losbricht, ist als Jahrhundertsong kanonisiert. Bob Dylans Ringen um die definitive Version von Like a Rolling Stone, das mit einem Walzer begann und noch elf Runden weiterging, als der schließlich im Juli 1965 veröffentlichte, das Single-Format sprengende Take bereits auf Band gebannt war, ist eines der Highlights der dieser Tage erschienenen jüngsten Folge der Archivreihe Bootleg Series.

Wilder quecksilbriger Sound

Das The Cutting Edge (Sony) betitelte Volume 12 widmet sich den zwischen Jänner 1965 und Februar 1966 entstandenen Aufnahmen, für die Dylan nicht mehr allein mit der Akustikgitarre, sondern auf der Suche nach einem "dünnen, wilden quecksilbrigen Sound" mit E-Gitarre und einem bunten Haufen an Begleitern ins Studio ging. 14 manische Monate, in denen der damals 23-, 24-Jährige mit den drei Alben Bringing It All Back Home, Highway 61 Revisited und Blonde On Blonde die folgenreiche Metamorphose vom Folkie zum Rockstar vollzog.

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Mit der der Elektrifizierung der Musik ging die Verrätselung der Songtexte einher, die Anhängern des vermeintlichen Protestsängers keinerlei Anknüpfungspunkte mehr boten. Stattdessen verschmelzen Zitate des Country Blues und der Lyrik der französischer Symbolisten mit der unheimlichen Seite der Folk Music zu einem halluzinatorischen Strom. So delirierend die Musik sein mochte, die jetzt veröffentlichten Aufnahmen belegen, wie klar Dylans Vorstellung von ihr war.

Verschiedene Takes ein und desselben Songs lassen erkennen, wie Textezeilen immer weiter zugeschliffen wurden, wie Dylan sein Amalgam auf Folk, Blues, Country und Rock 'n' Roll in verschiedenen Gangarten ausprobiert und immer weiter verfeinert.

"Das ist kein Hard Rock", ruft er zwischendurch frustriert ausgerechnet jenen Musikern zu, die nach dem gemeinsamen Rückzug aufs Land und dem ausgelassenen Musikantentum der Basement Tapes als The Band selbst zu Geburtshelfern subtiler Americana-Mischungen werden sollten.

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Den urbanen, das nächtliche New York evozierenden Sound, den Dylan aber Mitte der 60er-Jahre im Ohr hatte, vervollkommnete er mit den Aufnahmen zu Blonde On Blonde, dem ersten Doppelalbum der Rockgeschichte, ausgerechnet in der Countrymetropole Nashville. Es ist der Sound von drei Uhr früh, der Outtakes wie She's Your Lover Now heute noch so betörend klingen lässt.

Der überragende Status, den die elektrische Trilogie in Dylans Karriere genießt, spiegelte sich lange auch in der Konzerttätigkeit wieder: Rund 15.000 Mal hat Dylan Songs dieser Alben live gespielt. Derzeit würdigt der 74-Jährige seinen jugendlichen Zenit nur noch mit einem einzigen Song. Stattdessen ist bei seinen kommenden Auftritten in Bregenz nebst dem eigenen Alterswerk mit nokturn-urbanen Songs ganz anderer Art zu rechnen, jenen Frank Sinatras. (Karl Gedlicka, 9.11.2015)