Es stockt einem der Atem, und es verschlägt einem fast die Sprache: Was soll man dazu sagen? Solidarität mit den Opfern? Ja, eh. Dass man jetzt die Terrorsekte IS niederringen, ausräuchern muss? Ja, eh. Aber wie denn? Man will fast still sein angesichts der Leere der Worthülsen, und gleichzeitig darf man nicht in dröhnende Sprachlosigkeit verfallen.

Und zu dem Grauen, dem Sterben gesellt sich der Ekel. Das Eklige: Die Morde waren noch im Gange, da kamen Europas rechte Demagogen und xenophobe Hetzer schon mit ihrem Triumphgeheul, mit ihrer Instrumentalisierung der Opfer. Sie haben sich überhaupt nicht mehr die Mühe gemacht, ihre Freude an den Morden zu bemänteln. Freuten sich, juhu, jetzt wird der Flüchtlingszustrom eingedämmt, jetzt ist Schluss mit Merkels Willkommenskultur.

Diese unverhohlene, nicht einmal mehr klammheimliche Freude der Xenophoben, der Zaunfreunde, der Grenzen-zu-Adepten, der Religionskriegshetzer, sie zeigt natürlich auch nur, was wir immer schon wissen konnten: Wie sehr Jihadisten und Pegidaisten, Terrorsekte und Rechtsradikale einander brauchen, dass sie mehr Verbündete sind als Antipoden, mit gewiss unterschiedlichen Methoden, aber gemeinsamen Instinkten.

Die Verteidiger der offenen, demokratischen Gesellschaft, die Verteidiger von Humanismus und Menschenrechten müssen gegen beide kämpfen, gegen beide Seiten.

Wer vorgibt, er habe die schnellen Lösungen für all das – sei es Krieg führen, einmarschieren, junge Muslime automatisch unter Terrorverdacht stellen, Grenzen dichtmachen, Zäune hochziehen –, der ist Teil des Problems, nicht Teil der Lösung. (Robert Misik, 15.11.2015)