Am Wochenende demonstrierten in Rom und Mailand hunderte Muslime ihre Distanz zum "Islamischen Staat" (IS) und zu den von der Terrormiliz propagierten Inhalten. Zur Veranstaltung aufgerufen hatten drei der größten muslimischen Gemeinschaften in Italien. "Not in my Name"-Schilder wurden von den Anwesenden in die Höhe gehalten. Auch Slogans wie "Keep Calm I'm Muslim not a Terrorist" oder "Islam is Peace" waren zu lesen.

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Demonstrantin am vergangenen Wochenende in Mailand.
Foto: EPA/MATTEO BAZZI

Die Erfinder der Kampagne #NotInMyName ist die Organisation Active Change Foundation, die ihren Sitz in London hat. Der Hashtag #NotInMyName tauchte zum ersten Mal im Herbst 2014 auf, als die Macht des IS in Syrien und im Irak zunahm. Damals wurden die ersten Videos, die Enthauptungen von IS-Geiseln zeigen, veröffentlicht, und der Druck auf Muslime, sich von Terrororganisationen zu distanzieren, die vorgeben, im Namen des Islam zu agieren, stieg. Seither taucht der Hashtag jedes Mal verstärkt in den sozialen Medien auf, wenn der IS Anschläge im Namen des Islam durchführt. So auch in der vergangenen Woche nach den Terrorattacken in Paris.

Distanzierung und Kritik

Aber nicht nur Menschen in sozialen Netzwerken treten gegen die Gleichsetzung von Islam mit den Terrorangriffen des IS auf. Muslimische Verbände in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und auch Österreich – um nur ein paar Länder zu nennen – verurteilten die Anschläge umgehend. Auch aus mehrheitlich muslimischen Ländern kamen ausdrückliche Distanzierungen zum IS-Terror.

Einige Muslime sind diese Aufrufe zur Distanzierung auch schon leid. Der Vorwurf, ihre Religion würde sie mit den Tätern verbinden, wird oft als beleidigend aufgefasst. Zum Beispiel schreibt Cihan Süğür in der "Huffington Post", das Beharren auf Distanzierung bedeute, dass Muslimen unterstellt werde, sie würden mit den Terroristen sympathisieren, solange sie deren Taten nicht explizit verurteilen.

Es gibt aber auch muslimische Stimmen, die dafür plädieren, das Konzept der Unfehlbarkeit des Koran zu überdenken, um Angriffen, wonach sich Terroristen immer wieder auf Textstellen des Koran beziehen, den Boden entziehen zu können.

Ein CNN-Video taucht erneut auf

Ein Youtube-Video, das derzeit wieder verstärkt in sozialen Netzwerken die Runde macht, ist ein Interview des iranisch-amerikanischen Autors und Religionssoziologen Reza Aslan auf CNN.

CNN

Dieses Interview fand bereits Ende 2014 statt und schlug schon damals mediale Wellen. Aslan vertritt in diesem Gespräch die Ansicht, dass der Terror nichts mit dem Islam als Religion zu tun habe. Er bezeichnet die CNN-Nachrichtenmoderatorin, die fragt, ob es einen gemeinsamen roten Faden im Justizsystem oder bei weiblicher Genitalverstümmelung in muslimisch geprägten Ländern gebe, als "dumm". Aslan besteht darauf, dass es nicht möglich sei, alle muslimischen Länder in einen Topf zu werfen. Natürlich gebe es Probleme in einzelnen Ländern, diese wären dann aber Probleme des jeweiligen Landes und hätten nicht ursächlich etwas mit dem Islam zu tun. Für die Bezeichnung "dumm" entschuldigte sich Aslan später auf Twitter.

Die Aufforderung an Muslime, sich vom Terror zu distanzieren, ist nicht neu. Auch nach 9/11 gab es in den USA immer wieder Aufforderungen zur Distanzierung von den Terrorangriffen. Und auch damals gab es unzählige Verurteilungen dieser Attacken von muslimischer Seite. (mka, 23.11.2015)