Aus Papier gefaltet werden die Lampenschirme von Mostlikely, von denen mittlerweile über 15.000 verkauft wurden. Nachfolger haben sie unter anderem in Form von Porzellandosen bekommen.

Foto: Arnold Pöschl, mostlikely

Wolfgang List (links) und Maik Perfahl sind die Köpfe hinter den tierischen Designs.

Foto: Arnold Pöschl, mostlikely

Auch Silberschmuck, Gehäuse für Lautsprecher und Porzellandosen von Augarten gehören zum Design-Potpourri von Mostlikely.

Foto: Arnold Pöschl, mostlikely

Eine Maske abzunehmen bedeutet auch, ein Geheimnis zu lüften. Im Falle der Designer Wolfgang List und Maik Perfahl, die gern unter Esels- und Katzenmasken durch die Designwelt spuken, geschieht das in einem ebenerdigen, großzügigen Studio mitten im fünften Wiener Bezirk. Früher war hier eine Gitarrenwerkstatt untergebracht, davor eine Möbelfabrik.

Während draußen in einem Park Buben Fußball spielen, brüten die Gestalter zwischen Bücherstapeln, Kartonschachteln und Papiermodellen über ihren Entwürfen. Ein 3-D-Drucker müht sich im Schneckentempo an einem Lautsprechergehäuse der Designer ab.

Insgesamt sind hier fünf Arbeitsplätze eingerichtet, denn das Kollektiv Mostlikely besteht aus drei weiteren Kreativen, die sich um die Bereiche Architektur, Computergrafik sowie Sound kümmern. Perfahl und List sind die Designbeauftragten von Mostlikely, was so viel wie "höchstwahrscheinlich" bedeutet. "Der Name klingt irgendwie freundlich und passt zu uns, zu unserer nicht 100-prozentigen Zuordenbarkeit zwischen Design, Schmuck, Dekoration, Skulptur und Architektur", sagt List. Eine Eigenschaft, die immer häufiger für Vertreter der jüngeren Designszene in Wien und anderswo gilt. Diese Gestalter wollen sich weder in eine Schublade stecken lassen noch zu sehr von der Industrie abhängig sein.

Kultige Papierlampenschirme

Darum produzieren und vertreiben Mostlikely ihre Objekte am liebsten selbst, zum Beispiel ihr erwähntes Lautsprechergehäuse "Rock". Oder ihre mittlerweile kultigen Lampenschirme aus Papier, von denen sie über 15.000 Stück ausgedruckt, verpackt und verschickt haben. "Die größte Nachfrage kommt aus Frankreich. Keine Ahnung, warum", sagt List. "Im Falle anderer Objekte, zum Beispiel unserer Schmuckstücke oder der Porzellanfiguren von Augarten, ist es wichtig, dass diese innerhalb der EU produziert werden – und leistbar sind. Wir wollen Dinge kreieren, die wir uns theoretisch auch selbst leisten könnten", erklärt Perfahl. Auch das ein auffallendes Merkmal, das immer mehr Gestalter der frischeren Designszene auszeichnet, die Design erschaffen wollen, das preislich zwischen sündteuren Klassikern und Ikea liegt.

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Stadtmusikanten

Die tierischen Papierlampenschirme von Mostlikely, die regelmäßig in Galerien, Shops und auf Websites auftauchen, sind das Markenzeichen der beiden Gestalter, die Architektur studiert haben. Entstanden sind die Objekte durch Zufall. Perfahl hatte den Auftrag, eine Requisite für das Stück "Die Bremer Stadtmusikanten" zu gestalten. Letztendlich schaffte es sein Entwurf nicht auf die Bühne und wurde eher zufällig zur Leuchte. "Der Zufall ist immer ein guter Mitarbeiter", fällt Perfahl dazu ein.

Ziel war es, günstige, hochkomplexe dreidimensionale Objekte zu entwerfen, die als Maske, Lampenschirm oder sonst etwas Verwendung finden. Herausgekommen ist ein mehrfach preisgekröntes Produkt, das als Bausatz vom Kunden ausgeschnitten, gefaltet und zusammengeklebt wird. Der Do-it-yourself-Gedanke ist dem Duo ein naheliegender. Darum fühlen sich die beiden auch der heimischen "Maker"-Szene zugehörig. Zu dieser werden jene Gestalter gezählt, die sich auf DIY-Ebene mit dem Einsatz aktueller Techniken beschäftigen.

Formal basieren die meisten Entwürfe von Mostlikely auf einer Copmputergrafikmethode namens "Low Polygon Modeling", die es ermöglicht, ein Objekt aus möglichst wenigen Flächen zu modellieren. Will man die Angelegenheit stilistisch benamsen, sind die Entwerfer (nach kurzem Überlegen) mit dem Begriff "computerspielgenerierter Kubismus" einverstanden.

Weiters sind Mostlikelys Entwürfe ein charmantes Meeting von Computertechnologie und einer neuen Form von Handwerk. Die Figuren wirken stark und sind gleichzeitig verletzlich, ihr Entstehungsprozess ist ein Mix aus Low- und Hightech.

Tierhäupter als Silberanhänger

Warum ausgerechnet das Tierreich formal für die Objekte Pate steht, beantwortet Wolfgang List folgendermaßen: "Tiere kommen einfach gut an, haben immer noch eine starke Symbol- und Anziehungskraft." Angeboten werden Fuchs, Katze, Pinguin, Esel, Hase und Eule, wobei Perfahl auf Fotos in der Regel die Katze und List den Esel gibt.

Auch in einer Art geschrumpften Version sind die Tierhäupter zu haben, und zwar als schmucke Silberanhänger, die mittels 3-D-Drucks und Wachsausschmelzverfahrens in Belgien hergestellt werden. Die Tatsache, dass die Schmuckstücke gitterförmig sind, macht die Objekte leistbarer, da weniger Silber zum Einsatz kommt.

Ergänzt wird die Mostlikely-Menagerie ferner durch verschiedene Objekte für Augarten-Porzellan sowie durch Papierskulpturen, die im Rahmen von Workshops mit bis zu 130 Studenten entstehen und die Gestalter bis nach Südafrika brachten. Zu diesen Skulpturen zählen mitunter riesenhafte, meterhohe Installationen wie der fantastische acht Meter lange Schabrackentapir, der an der New Design University in St. Pölten gebaut wurde. Wie seine anderen großen Artgenossen gibt's den Papiertapir im Original leider nicht mehr zu sehen. Nach dem Auftritt wurde er flachgemacht und eingestampft. Ob das nicht wehtut? "Gar nicht, uns geht's ums Machen", sagen die beiden. Maker halt. (Michael Hausenblas, RONDO, 30.11.2015)