cover: ECM

"Hommage Eberhard Weber" (ECM/Lotus)

Mit der markant elegisch-eidringlichen Tönung bezirzt im Opener Resume Variations Jan Garbareks Saxofon – daneben der typisch weiche, schmeichelnde, aber nie gefühlig grummelnde Bass von Eberhard Weber. Der Wattesound rührt von Webers ganz eigener Variante eines Basses. Er wird gezupft wie die große akus tische Verwandte, allerdings erlaubt sie ein malerisches Legatospiel und sieht aus, als wäre einem Kontrabass links und rechts einiges vom Korpus weggesägt worden.

ECM Records

Das Besondere an dieser live aufgezeichneten Weber-Hommage: Der subtile Instrumentalist war nur im Zuschauerraum, nicht jedoch auf der Bühne, als sich im Stuttgarter Theaterhaus zu Webers 75. Geburtstag eine Big Band und prominente Kollegen jazzend einfanden. Weber spielt nicht mehr, er kann seit Jahren nicht spielen, nachdem er einen Schlaganfall erlitten hatte. Die Großarbeit, um Weber zumindest authentisch vom Band hörbar zu machen, hat US-Gitarrist Pat Metheny erledigt: Er wählte aufgezeichnete Solopassagen von Weber, also Improvisationen, und baute um diese Spontanlinien herum neues Material.

Neben Jan Garbarek, den Weber mehr als zwei Jahrzehnte lang begleitet hat, hört man unter anderem auch den Vibrafonisten Gary Burton. Und natürlich ist als improvisierender Solist auch Gitarrist Pat Metheny dabei; die SWR-Big-Band unter Leitung von Helge Sunde und Michael Gibbs hüllt zudem gewisse Momente in elegante Sounds ein. Zentral ist das Stück Hommage, eine halbstündige Suite von Metheny auf Basis von Webers Ideen. Insgesamt eine recht gemütliche CD, die einen Pionier in seltsamer Form würdigt.

Warum nicht! Experimente sind immer sinnvoll, auch dann, wenn sie – wie hier – nicht unbedingt spektakuläre, kühne Ergebnisse zeitigen. (toš)

cover: polydor

Jamie Woon: "Making Time" (Polydor / Universal)

Die Rezeption seines ersten Albums hätte gut schon seinen künstlerischen Tod bedeuten können. "Popstar des Dubstep" wurde er zu Hause auf der Insel genannt. Das ist für ein dem Underground verpflichtetes Genre so etwas wie eine Ächtung, die Freigabe zum Abschuss. Es war natürlich eine unscharfe Einordnung. Zwar bediente sich Woon durchaus bei Charakteristika des Dubstep, bloß ist es nicht so, dass Dubstep das erste Fach gewesen wäre, das kellertiefe Bässe heftigen Mutationen ausgesetzt hat.

Woons Mirrorwriting war diesbezüglich ohnehin harmlos, war vielmehr ein elektronisches Soulalbum. Ein Werk, das in Erbfolge von Vorreitern wie Kirk Degiorgio alias As One oder Jamie Lidell stand. Vor allem Lidells Verehrung von Stevie Wonder ergibt eine auffällige Schnittmenge mit Woons Musik, der persönlich Marvin Gaye vorzieht. Zwar kommen beide ihren Vorlagen nicht nahe, dennoch erzielen diese Entwürfe jeweils süffige Ergebnisse.

Woon stand nach dem Erfolg seines Debüts Mirrorwriting mehr Geld für die Produktion des Nachfolgers Making Time zur Verfügung. Das investierte er nicht in neue Software, sondern in echte Musiker, die seine meist in abgebremstem Tempo schleichenden Tracks atmosphärisch prägen. Man denkt an gedimmtes Licht, schweren Roten, einen leichten Ofen. Norah Jones für die Menschen, denen der Name Burial etwas sagt.

Das ist natürlich urgemein, hat aber dennoch seine Momente. Leider kommt Woon aber dann doch zu oft am Schmalzfass vorbei, kaschiert fehlende Ideen mit ein paar Melismen zu viel. Bevor das aber zu sehr ausufert, ist es schon vorbei. Woon hält sich mit zehn Songs knapp. Das Ergebnis, dem die Selbstkopie seine Grenzen aufzeigt, ist eine gute halbe Sache. (flu, Rondo, 27.11.2015)