Das Label "queer-feministisch" für ihre Kunst findet Ulrike Müller problematisch.


Foto: Heribert Corn

Katzenvariation: "Rug (el primer gato) von Ulrike Müller, 2015.


Foto: Ulrike Müller, Callicoon Fine Arts, NY

Wien – Der weibliche Körper ist ein zentraler Ankerpunkt feministischer Kunst. Er wird zur visuellen Opposition, das Diktat "weiblicher Schönheit" wird hinterfragt und immer wieder der Busen. Gequetscht, angegrapscht oder hinter Glas plattgedrückt.

Die feministische Kunst gilt zu Recht als körperlich und privat, weil das bekanntlich politisch ist. Die Ausstellung Feministische Avantgarde der 1970er Jahre zeigte heuer in der Hamburger Kunsthalle frühe frauenpolitischen Positionen (aus der Sammlung Verbund), darunter Arbeiten von Cindy Sherman, Hannah Wilke, Eleanor Antin, Ana Mendieta, Francesca Woodman und den Österreicherinnen Birgit Jürgenssen, Renate Bertlmann und Valie Export. Doch seither ist viel passiert.

Zum Beispiel in den 1990er-Jahren, als Ulrike Müller (geboren 1971 in Brixlegg, Tirol) in Wien an der Angewandten und an der Akademie der bildenden Künste studierte. Ihre Personale The old expressions are with us always and there are always others im Mumok findet nun parallel zu jener Schau statt, die künstlerische Praktiken der 1990er beleuchtet: to expose, to show, to demonstrate, to inform, to offer (siehe nebenstehenden Artikel). Die Zeit, in der die Kunstszene politischer Aktivismus umtrieb, prägte auch Ulrike Müller.

Nach ihrem Umzug nach New York 2002 war die Künstlerin Mitherausgeberin des queer-feministischen Magazins LTTR, einer Zeitschrift eines gleichnamigen kollaborativen Zusammenschlusses von Künstlerinnen. Die Mitglieder von LTTR fokussierten sich in ihren Aktivitäten auf eine Fortschreibung und Aktualisierung des Feminismus der 1970er.

Die in den 1990ern um Kritik an Identitätskategorien erweiterten feministischen Praktiken webt Müller nun konsequent und fein in ihre Arbeit ein. Im Medium Malerei führt sie vor, wie sehr bestimmte künstlerische Praktiken – auch jene mit politischem Anspruch – mit bestimmten Traditionen verknüpft sind. In ihrer eigenen Malerei versucht sie diese Verknüpfungen herauszulösen.

Verschiedenste Materialien entreißt sie ihren üblichen Gebrauchsweisen; so werden ungeahnte Assoziationen zu Oberflächen, Formen und Materialien deutlich. In traditionellen Webtechniken in Mexiko hergestellte Teppiche zeigen immer den gleichen schwarzen Katzenkopf. Doch durch Variationen dieses Motivs (mal größer, mal kleiner oder an andere Stelle gerückt) kommt Bewegung in eine Struktur, die aufgrund der begrenzten webtechnischen Möglichkeiten zunächst wie ein kleines Katzengefängnis wirkt.

Aufgezwungenes

Emaille und Leinwand sind weitere Materialen, die Müller im Hinblick auf ihnen aufgezwungene Verwendungen untersucht. In den 1960ern wurden etwa die meisten Verkehrsschilder aus Emaille gefertigt. Der Anflug von Nostalgie wird unterbrochen von den geometrischen Figuren darauf – die würde man sich eher auf dem Medium Leinwand erwarten.

Auf einem ihrer Bilder ist dann tatsächlich ein ausladender dicker Pinselstrich zu sehen: eine vertraute künstlerische Geste, die zum Material Leinwand an sich in keinem Widerspruch steht, wäre da nicht diese kontrollierte Form, in die Müller diese Geste übersetzt hat. So drängt sich durch die Hintertür doch wieder das Thema Körper herein und sorgt für Perspektivenverschiebungen. (Beate Hausbichler, Spezial, 28.11.2015)