Die B-Gendarmerie 1955 bei einer Parade mit den amerikanischen Radpanzern M8.

Heeresgeschichtliches Museum

Ebenfalls 1955 ist eine motorisierte Einheit der B-Gendarmerie zur Inspektion angetreten, ...

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... und die B-Gendarmerie mit M8 knapp vor Vereinigung mit dem neuen Bundesheer – beides in der Kaserne Linz-Ebelsberg.

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Dieses Farbfoto stammt aus der Veran staltung "Rad und Kette" des Heeresgeschichtlichen Museums im Wiener Arsenal, ein simuliertes Feldlager des Bundesheeres mit US-Fahrzeugen und -Ausrüstung, Stand 1955/56.

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Das Bundesheer ist 1956 mit einer GMC-Kolonne zur Grenzsicherung ausgerückt, auf den Motorhauben rot-weiß-rote Fahnen zur Erkennung. Die Ungarnkrise ist gerade ausgebrochen.

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Die Gründung des Bundesheeres der Zweiten Republik vor 60 Jahren war eine Bravourleistung. Zwischen 15. Mai (Unterzeichnung des Staatsvertrages) und 25. Oktober (Abzug der letzten Besatzungssoldaten) musste entsprechend der Verfassung eine bewaffnete Streitmacht auf die Beine gestellt werden. Die nächste Herausforderung stand mit 15. Oktober 1956 fest: Der Jahrgang 1937 sollte in eine bestehende Armeestruktur einrücken – die Bewährungsprobe Ungarnaufstand, der am 23. Oktober 1956 ausbrach, konnte niemand erahnen.

Im Sommer 1955 bestand das Bundesheer aus neun B-Gendarmerie-Bataillonen (Bereitschaftsgendarmerie), insgesamt rund 6500 Mann. Eine Art kasernierte Polizei, wie sie in Italien als Carabinieri oder in Spanien als Guardia Civil anzutreffen ist. In den westlichen Besatzungszonen hatte man schon ab 1952 mit der Aufstellung des Grundstocks für ein neues Bundesheer begonnen, in der russischen Besatzungszone galt das bis Oktober 1955 als No-Go.

Zurückschicken sinnlos

Die Amerikaner als vollmotorisierte Armee hatten im Zweiten Weltkrieg unglaubliche Mengen mobilen Geräts aller Art nach Europa geschafft, denn moderne Armeen ohne entsprechenden Fuhrpark gelten seit damals als nicht einsatzfähig. Diese Unmengen von Fahrzeugen wieder in die USA zurückzuschicken, war ein Ding der Sinnlosigkeit, daher wurde halb Europa mit US-Militärgerät beglückt. Die französischen, belgischen, holländischen, dänischen und norwegischen Streitkräfte wurden bedacht, Fragen wie diese waren berechtigt: Warum sprechen sie eine andere Sprache, wenn sie sich als Amerikaner verkleiden?

Auch in Österreich waren die Lager der Amerikaner mit Militärfahrzeugen übervoll, die B-Gendarmerie wurde mit den bewährten Typen des vergangenen Weltkriegs aus gestattet. Der Fuhrpark bestand vorwiegend aus dem ¼-t-Willys-Jeep, dem seit 1942 in der US-Army eingeführten Dodge-¾-t-Typen T214, der als Geräteträger und Kommandowagen (siehe "Die Vier nicht mehr im Jeep") verwendet wurde. Als Standardtransporter diente der weltweit bekannte GMC-Zweieinhalbtonner-Lastkraftwagen, dazu kamen 45 amerikanische M8-Sechsradpanzerspähwagen, von Ford in Michigan in großer Stückzahl hergestellt. Das 7,5 Tonnen schwere Gerät wurde durch einen Sechszylinder-Reihenmotor mit über fünf Liter Kubikinhalt und 110 PS Leistung angetrieben. Ein Kuriosum: Der M8-Radpanzer besaß keinen Retourgang, Rückzug war also nicht vorgesehen – und Antriebskraftstoff natürlich immer Benzin.

4400 Fahrzeuge wechselten den Besitzer

Auf diese erstklassige Basis konnte das Bundesheer aufbauen, die Kader der B-Gendarmerie bestanden außerdem aus bewährten Weltkriegsteilnehmern. Der Abzug der vier Besatzungsmächte im Sommer 1955 bedeutete auch für das junge Bundesheer, Geschenke einzusammeln, wo immer sich eine Gelegenheit bot. Die Amis vermachten Österreich die Ausrüstung von zwei Divisionen, kein Wunder, dass die Wehrdiener der ersten Jahre vom Stahlhelm bis zu den Gamaschen wie verkleidete Schauspieler aus US-Kriegsfilmen aussahen. 4400 Fahrzeuge wanderten in rot-weiß-rote Hände, darunter auch Halbkettenfahrzeuge wie Type M21 oder 46 Stück des leichten Kampfpanzers M24.

Feierliche Übergaben waren nicht angesagt, wie Briga dier Michael Janisch aus dem Verteidigungsministerium berichtete. Der Flugplatz Langenlebarn wurde nach dem raschen Abzug der Amerikaner richtig geplündert. Die Franzosen spendeten ebenfalls Gerät amerikanischer Provenienz, die Engländer hielten sich mit einem Kranwagen und einigen Wassertankwagen vornehm zurück, einige Opel-Blitz-Lastwagen der ehemaligen Wehrmacht wurden zudem eingemeindet.

"Die Russen sind wieder da"

Das Präsent der Russen konnte sich sehen lassen: 27 Stück hochwertige Kampfpanzer T 34/85 blieben zurück – inklusive der speziellen Kleidung russischer "Tankisti". Das führte ein Jahr später anlässlich der Ungarn-Krise zu grotesken Situationen. "Die Russen sind wieder da", hallte es durch burgenländische Dörfer, Panik breitete sich aus, bis das Missverständnis geklärt werden konnte.

Einen spannenden Retroblick in den Auftritt des Bundesheeres 1955 bietet die jährliche Schau Rad und Kette im Heeresgeschichtlichen Museum Wien. Perfekt restaurierte Jeeps, Dodge-Krankenwagen und GMC-Laster beweisen, dass diese Allradflotte noch heute voll einsatzfähig ist. (Peter Urbanek, 05.12.2015)