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Charisma ist offenbar nicht alles – charismatische Führungskräfte lösen laut einer Studie den "Ehrfurchtseffekt" aus. Also lieber unscheinbar?

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Wer seine Emotionen so unterdrückt hat eine geringere Auffassungsgabe, kann weniger erinnern und ist insgesamt weniger leistungsfähig", erklärt Jochen Menges (Lehrstuhl für Führung und Personalmanagement an der WHU).

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Richtig tolle Leader sollen strahlen und voll von dieser Gnadengabe sein, die Charisma heißt – damit ihnen die Leute Gefolgschaft leisten und die Firma auf den Heilsweg kommt. Oder doch nicht? Eine aktuelle Studie schürt Zweifel: Charismatische Führungskräfte versetzen ihre Mitarbeiter in Ehrfurcht und verhindern so, dass Mitarbeiter sich offen äußern. Das kann dem Erfolg eines Unternehmens auf lange Sicht schaden, so das erstaunliche Fazit einer Studie der WHU – Otto Beisheim School of Management berichtet der idw (Informationsdienst der Wissenschaft).

Starr vor Ehrfurcht

Obwohl charismatische Führungskräfte Menschen rasch begeistern und für sich gewinnen können, haben diese Führungskräfte eine einschüchternde Wirkung auf Mitarbeiter. Im Bann von Charismatikern trauen sich Mitarbeiter nicht, ihre Gefühle auszudrücken. Das kann zu emotionaler Erschöpfung, weniger Zufriedenheit und unzureichendem Austausch an Informationen führen – und damit Unternehmen schaden. "Ehrfurchtseffekt" nennen die Studienautoren das.

"Charismatische Führungskräfte überwältigen ihre Mitarbeiter geradezu mit ihrer begeisternden und oft auch hypnotisierenden Wirkung. Sie werden angehimmelt, das dient ihrem Machtmotiv, aber sie unterdrücken gleichzeitig den Emotionsausdruck der Mitarbeiter, weil die Mitarbeiter quasi vor Ehrfurcht erstarren. Wer seine Emotionen so unterdrückt hat eine geringere Auffassungsgabe, kann weniger erinnern und ist insgesamt weniger leistungsfähig", erklärt Jochen Menges (Lehrstuhl für Führung und Personalmanagement an der WHU).

Guter und schlechter Einfluss

"Das kann dazu führen, dass die Aussagen von charismatischen Führungskräfte nicht hinterfragt werden und die Mitarbeiter in ihrem moralischen Urteilsvermögen eingeschränkt sind. Das verblüffende an diesem Befund ist, dass Charismatiker uns zwar begeistern und mitreißen, gleichzeitig uns aber auch lähmen und einschüchtern. Das erklärt, weshalb charismatische Führungskräfte einen großen Einfluss auf Mitarbeiter haben, zum Guten, aber eben auch zum Schlechten.

"Charismatische Führungskräfte können dem Ehrfurchtseffekt entgegenwirken, indem sie auf Mitarbeiter individuell zugehen und Mitarbeitern Raum geben, sich auszudrücken. Charismatische Führungskräfte sollten sich in bestimmten Situationen bewusst zurücknehmen und verschiedene Betrachtungsweisen zu einem Thema anbieten. Für Mitarbeiter von charismatischen Führungskräfte gibt es auch einen Trick, dem Ehrfurchtseffekt entgegenzuwirken: Sie sollten sich bewusst machen, dass auch die charismatischste Persönlichkeit nur mit Wasser kocht. (red, 28.03.2016)