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"Wenn nicht genug Zeit ist zum Kneten, zum Zeichnen, zum Umgehen mit den dabei auch auftretenden Misserfolgen, kann sich keine Resilienz ausbilden", sagt der Wiener Bakip-Lehrer Erich Mayerhofer.

Foto: reuters/Pfaffenbach

Wien – Wäre der Plan bereits in trockenen Tüchern, man könnte es beinahe als gerade noch einmal am Schlimmsten vorbeigeschrammt bezeichnen. Jedenfalls aus Sicht jener Lehrer, die an den Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik (Bakip) für den Fachbereich "Bildnerische Erziehung, Werkerziehung und Textiles Gestalten" zuständig sind. Ihnen – und ihren Schülern – stand nämlich vergangene Woche eine saftige Stundenkürzung bevor, ein erstes Arbeiten des Ministeriums an der Umsetzung der jüngst präsentierten Bildungsreform.

Die Bakips sollen demnach allesamt Berufsbildende Höhere Schulen werden, die Frühkindpädagogik soll nicht mehr bloß Freifach, sondern fixer Bestandteil des Lehrplans werden. Alleine, woher die Stunden dafür nehmen?

Zeit für Misserfolge

Nicht von den Werk- und Textillehrern, sagt einer, der sich seit über 25 Jahren darum bemüht, künftigen Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen das nötige Rüstzeug für die Praxis mit zu geben. Erich Mayerhofer fürchtet im Gespräch mit dem STANDARD: "Wenn nicht genug Zeit ist zum Kneten, zum Zeichnen, zum Umgehen mit den dabei auch auftretenden Misserfolgen, kann sich keine Resilienz ausbilden."

Der Wiener Bakip-Lehrer beschreibt seine Arbeit als eine Art "Persönlichkeitsbildung". Er müsse den Schülern "Mut machen, dass man im Kindergarten eine Werkecke einrichten kann, dass sich die Kinder schmutzig machen dürfen." Er wolle keiner sein, der sagt "früher war alles besser", aber es sei schlicht eine Tatsache, dass heute die Kindergarten-Schülerinnen "diese Erfahrungen nicht gemacht haben".

Eine weitere Stundenkürzung in den kreativen Fächern nach vielen vorangegangenen will er nicht verstehen. Laut der Salzburger Fachinspektorin Edith Schöller soll jetzt aber ohnehin alles nicht so heiß gegessen werden: Die geplante Kürzung von einer Stunde Bildnerische Erziehung in der dritten Klasse ist wieder vom Tisch, in der fünften Klasse muss jedoch jedes der drei Fächer "Bildnerische Erziehung, Werkerziehung und Textiles Gestalten" eine der bislang drei Wochenstunden einsparen. Macht für die Schülerinnen eine Wochenstunde weniger, in denen sie während ihrer Ausbildung kreatives Arbeiten erlernen können.

Zeit für kreative Grundhaltung

Trotzdem fürchtet die Salzburger Fachinspektorin "irgendwann wird der Gegenstand nicht mehr lebbar sein". Immer wieder werde in den kreativen Fächern "scheibchenweise" Stunden weggenommen, aber "für die Entwicklung einer eigenständigen kreativen Grundhaltung bedarf es Zeit." Der über Jahre entwickelte kompetenzorientierte Lehrplan musste innerhalb kürzester Zeit überarbeitet werden und schweren Herzens wurde nun in der fünften Klasse der Bereich "Transfer in die Praxis" gestrichen, ein im Arbeitsalltag potentieller Kindergärtnerinnen wohl nicht ganz unrelevanter Bereich – also die Umsetzung, wie SchülerInnen die Erfahrungen aus der praktischen Tätigkeit für Kinder von 0 bis 6 Jahren im Kindergarten umsetzen können. (Karin Riss, 23.12.2015)