Aktivistinnen der Kampagne "Stop Bild Sexism" appellieren an Tanit Koch, die erste Chefredakteurin der "Bild".

Foto: Axel Springer

Seit zwei Wochen hat die deutsche Boulevardzeitung "Bild" eine neue Chefredakteurin. Tanit Koch folgte Kai Diekmann nach und ist die erste Frau, die die "Bild" leitet. Die Aktivistinnen der seit zwei Jahren laufenden Kampagne "Stop Bild Sexism" haben die Neubesetzung nun zum Anlass für einen offenen Brief genommen. Darin kritisieren sie die Darstellung von Frauen in der "Bild" scharf. Die Autorinnen verweisen auf den enormen Einfluss der Zeitung durch ihre große Reichweite, weswegen "Bild" die Möglichkeit habe, ein "gesellschaftliches Klima der gegenseitigen Achtung und des gegenseitigen Respekts aufzubauen und zu fördern".

Doch "Bild" entscheide sich stattdessen, bestimmte Personengruppen zu diskriminieren – vor allem Frauen. "Ob Politikerinnen, Künstlerinnen oder Sportlerinnen: Frauen wird – wenn denn über sie berichtet wird – jegliche Expertise abgesprochen. Ungeachtet ihres persönlichen Handelns werden sie von 'Bild' gezielt auf ihr Äußeres und ihre Sexualität reduziert", heißt es in dem offenen Brief.

"Nackt, degradiert und sexualisiert"

Die Aktivistinnen haben auch genauer hingesehen: In einem Zeitraum von zwei Monaten haben sie 155 Personenabbildungen gezählt. Nur ein Drittel davon waren Frauen (34 Prozent Frauen, 66 Prozent Männer). In den Teilen Politik und Wirtschaft waren 76,4 Prozent der Abgebildeten Männer, im Sportteil waren Männer zu 83,6 Prozent vertreten. Die Personen hingegen, die leicht bekleidet (77,1) oder ganz nackt (83,5) in der Zeitung vorkamen, waren vorwiegend Frauen. Frauen seien generell mehrheitlich im Unterhaltungsbereich zu finden, meist "nackt, degradiert und sexualisiert", heißt es in dem Schreiben an Koch.

Die Aktivistinnen weisen die "Bild"-Chefin darauf hin, dass zahlreiche Studien gezeigt hätten, dass es einen Zusammenhang zwischen "medialer Objektifizierung und Degradierung auf der einen und alltäglicher Diskriminierung und Gewalt auf der anderen Seite" gebe. Die Presse- und Meinungsfreiheit gehöre zum Fundament von Demokratien, doch Sexismus sei weder eine Meinung, noch habe er Nachrichtenwert, sondern sei schlicht Diskriminierung.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse in Köln weisen die Aktivistinnen auch darauf hin, auf Verharmlosungen wie "Sex-Mob" und "Sex-Gangster" künftig zu verzichten. Die Begriffe würden die Opfer verhöhnen: "Sexualisierte Gewalt hat nichts mit Sex, sondern ausschließlich mit Macht zu tun."

Die seit 2014 laufende Petition "Stop Bild Sexism" wurde bisher 37.000-mal unterschieben. (beaha, 14.1.2016)