Keine Antwort glich der anderen, als die Beteiligten gefragt wurden, was da eben gerade passiert war. Einer sagte: "Ich hatte plötzlich eine irre Angst vor allen, die neben mir hergingen." Ein zweiter: "Da kam ein Gellen aus der Querstraße, und ich setzte mich sofort in Bewegung." Eine dritte: "Wissen Sie, Herr Inspektor, das erstaunt mich gar nicht. Ich war schon den ganzen Tag so kribbelig. Den anderen erging es offenbar genauso. Vielleicht die Mondphase." Letztlich gab es keine brauchbare Erklärung für das Phänomen. Aber wie, fragte man sich auf den entsprechenden Ämtern, können wir den Zeitpunkt voraussehen, in dem sich die Massen der Fußgängerzone erneut diesen Bewegungen hingeben, in breiten Wogen oder galaxienförmig sich kringelnd über die Straßen hinweg, in gegenläufigem Zickzack durch die Münder der Warenhäuser, sich in enge Gassen quetschend und auf der anderen Seite von dem Druck wieder hinausgeschleudert, als kompakte Kaskaden über die Treppen der U-Bahn hinweg – Bewegungen, die Angst machten und zugleich von der Schönheit herbstlicher Vogelschwärme waren. Ja, man war nervös angesichts einer unsichtbaren Hand, die das frei shoppende Individuum für ihre Kapriolen missbrauchte. (Jens Steiner, Album, 15.1.2016)