Wien – In der Causa Mayländer verhärten sich die Fronten. Auf der einen Seite versucht die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) seit 18. Jänner, mit täglichen Aussendungen öffentliche Aufmerksamkeit zu generieren. "95 Jahre und 25 Tage" wäre die Erbin nach Karl Mayländer demnach heute alt. "Wie lange soll sie noch auf die Rückgabe der fünf Schiele-Zeichnungen warten?", lautet die sowohl an das Leopold-Museum (LM) als auch an das Bundesministerium adressierte Frage.

Auf der anderen Seite steht die LM-Privatstiftung, deren Vertreter sich um eine faire und gerechte Lösung im Sinne der Washingtoner Prinzipien mit der Erbin bemühte. 2010 hatte die für den LM-Bestand zuständige Michalek-Kommission entschieden: Wäre das Bundeskunstrückgabegesetz anwendbar, dann müssten fünf einst zur Sammlung Mayländer gehörende Arbeiten auf Papier von Egon Schiele restituiert werden.

Eine Einschätzung übrigens, zu der man – verglichen mit ähnlich gelagerten Fällen – auch anderer Meinung sein kann. So eindeutig ist ein NS-Entzug nicht immer. Eine Person aus dem familiären Umfeld eines von den Nazis verfolgten, deportierten und umgekommenen Sammlers, die nach dem Krieg ihr überlassene Kunstwerke veräußert: Bei Fritz Grünbaum war es die Schwägerin, diesfalls sah der Kunstrückgabebeirat den Tatbestand des Entzugs nicht – bei Mayländers Lebensgefährtin hingegen schon.

Davon unabhängig unterliegen Privatstiftungen nicht dem Bundeskunstrückgabegesetz. Der nach dem Tod Rudolf Leopolds eingeleitete Paradigmenwechsel hatte immerhin zur Folge, dass man begann, sich um Vergleiche mit Erbengemeinschaften zu bemühen. Erfolgreich in so manchem, aber nicht in diesem Fall. Denn stets geht es dabei um finanzielle Abgeltungen. Naturalrestitutionen sind dort kein Thema. Genau das fordert jedoch die IKG in Vertretung der Erbin nach Mayländer. Eine Pattstellung, die trotz vieler Bemühungen und auch aktueller Gespräche hinter den Kulissen nur schwer auflösbar scheint.

Zeit für Klarheit

Es sei Zeit, für Klarheit zu sorgen, forderte jüngst Grünen-Kultursprecher Wolfgang Zinggl: "Die Republik ermöglicht das Museum, bei Restitutionsfragen pocht es aber auf seine Sonderrolle als Privatstiftung. Damit muss Schluss ein." Kritiker monieren auch, dass der vom Bundeskanzleramt und Finanzministerium bestellte Vorstand (ausgenommen Elisabeth Leopold), nicht die Interessen der Republik vertreten würde. Letzteres stünde allerdings im Widerspruch zum österreichischen Privatstiftungsgesetz.

Im Interesse der Stiftung will man nicht von der bisherigen Vergleichspolitik abweichen. Vermutlich auch, um die Erbin nach Karl Mayländer nicht anders zu behandeln als jene, mit denen man Lösungen fand. Dem Vernehmen nach hätte man sich bis ins Frühjahr 2015 auf einem guten Weg befunden, dann seien die Verhandlungen seitens der Erbin aus unbekannten Gründen abgebrochen worden. Auf etwa fünf Millionen Euro soll sich das seitens LM offerierte finanzielle Angebot belaufen haben. Das entspreche jedenfalls deutlich mehr als 50 Prozent des Marktwertes der fünf Schiele-Arbeiten.

Ob Naturalrestitution oder Vergleich: sollte die Mayländer-Erbin dies eingedenk ihres fortgeschrittenen Alters nicht erleben, ist eine 2011 von ihr gegründete Stiftung für autistische Kinder begünstigt, bestätigt Erika Jakubovits (IKG Exekutivdirektorin) auf Anfrage. (Olga Kronsteiner, 10.2.2016)