"Richtung Sozialdemokratie" – so heißt die Smer-SD von Premier Robert Fico auf Deutsch. Viele Wähler orientierten sich anders.

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Insgesamt acht Parteien ziehen nach der Wahl vom Samstag in den slowakischen Nationalrat ein. Die Bildung einer Regierungskoalition dürfte sich somit kompliziert gestalten. Zum ersten Mal ist mit acht Prozent der Wählerstimmen auch die rechtsextreme Volkspartei Unsere Slowakei (ĽSNS) von Marian Kotleba im Parlament vertreten.

Der Holocaust-Leugner war Ende 2013 überraschend zum Präsidenten der mittelslowakischen Region Banská Bystrica gewählt worden. Kotleba ist bekannt für seine rassistischen Äußerungen gegen Roma und Flüchtlinge. Mehrfach wurde er bereits wegen Volksverhetzung und Gefährdung der Demokratie angeklagt. Am Jahrestag des slowakischen Nationalaufstandes gegen Nazideutschland wehte vor seinem Büro die schwarze Flagge.

Auf ihren Wahlplakaten lockte die ĽSNS mit Sprüchen wie "Gegen die Diebe mit Krawatten und Parasiten in Siedlungen". Gemeint sind korrupte Politiker und Roma, die zum Teil in Ghettos hausen. Besonders bei jungen Wählern soll die Partei gepunktet haben. Nun schickt sie 14 Abgeordnete in den Nationalrat.

Smer sackt ab

Als weitere Überraschung entpuppte sich das Ergebnis der linksorientierten Smer-SD (Richtung Sozialdemokratie), die in den vergangenen vier Jahren allein die Regierung bildete. Auch wenn sie zum vierten Mal in Folge stärkste Partei wurde, musste sie sich mit 28,3 Prozent der Wählerstimmen zufriedengeben – das schlechteste Ergebnis seit 2002. Vor vier Jahren hatten sich noch 44,4 Prozent der Wähler für Smer entschieden. Im Wahlkampf hatte die Partei vor allem gegen Flüchtlinge Stimmung gemacht. Experten gehen davon aus, dass sie damit erst recht den Nationalisten und Rechtsextremen in die Hände spielte.

Smer-Chef und Premierminister Robert Fico sprach noch in der Wahlnacht von einer "Pattsituation". Er wolle aber alle Parteien, die es ins Parlament geschafft haben, zu Gesprächen einladen. Diese müssten sich jedoch auf "historische Kompromisse" einstellen.

Hinter Smer landete die liberale SaS (Freiheit und Solidarität) mit 12,1 Prozent der Stimmen auf dem zweiten Platz. Parteichef Richard Sulík, EU-Abgeordneter und Euroskeptiker, feierte sich bereits nach den ersten Exit-Polls euphorisch als Sieger der Wahlen. Rund ein Prozent weniger erhielt die populistische Oľano-Nova. Eine Koalition mit Smer schlossen beide Parteien aus.

Rechte Zersplitterung

Gleich dahinter – und nur knapp vor Kotlebas Rechtsextremen – platzierte sich mit 8,6 Prozent die ebenfalls nationalistische Slowakische Nationalpartei (SNS), die vor vier Jahren knapp an der Fünfprozenthürde gescheitert war.

Neben der ĽSNS ist die konservative Partei Sme Rodina (auf Deutsch: "Wir sind eine Familie") mit 6,6 Prozent der Stimmen ein weiterer Neuling im slowakischen Parlament. Das zentrale Thema der erst vor wenigen Monaten gegründeten Gruppe ist der Schutz der "traditionellen Familie" – und ebenfalls ein Antieinwanderungsprogramm.

Auch wenn sie sich in der Flüchtlingsfrage mit Smer einig ist, schließt Sme Rodina eine Koalition mit der Fico-Partei aus. Ebenso wie die Ungarn-Partei Most-Híd, die 6,5 Prozent der Wählerstimmen erreichte. Deren Parteichef Béla Bugár bezweifelte am Sonntag, dass es überhaupt möglich sein werde, eine stabile proeuropäische Regierung zu bilden.

Enttäuschung für Sieť

Die achte Gruppierung, die es mit 5,6 Prozent ins Parlament schaffte, ist Sieť (Netz), die Partei des ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Radoslav Procházka, der sich von der christdemokratischen Partei KDH abgespaltet hatte. Auch sie trat zum ersten Mal bei Parlamentswahlen an. Bei den letzten Umfragen war sie noch auf Platz zwei gesehen worden, nun schaffte sie gerade noch die Fünfprozenthürde – im Gegensatz zu Procházkas Expartei KDH, die knapp an ihr scheiterte. Eine Koalition mit der Smer schloss Sieť nicht ausdrücklich aus.

An einem Punkt waren sich alle Parteien einig: Eine Koalition mit der rechtsextremen ĽSNS kommt für keine von ihnen infrage. Es ist allerdings fraglich, wie die Parteien unter einen Hut gebracht werden können. Zu unterschiedlich sind teilweise ihre Programme, zu groß die persönlichen Animositäten zwischen einigen ihrer Proponenten.

Sollten die aller Voraussicht nach schwierigen Verhandlungen zur Bildung einer Regierungskoalition keine Früchte zeigen, dann könnte Präsident Andrej Kiska auch eine Beamtenregierung einsetzen. Sie könnte zumindest in der Zeit der slowakischen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2016 die Geschicke des Landes führen. (Katrin Litschko aus Bratislava, 6.3.2016)