Musliminnen werden als Zielgruppe internationaler Modekonzerne entdeckt.

Foto: D&G

Mehr und mehr Unternehmen in der Mode- und Beautybranche entdecken das Potenzial von Musliminnen weltweit als eigene Zielgruppe. In vielen muslimischen Ländern boomt seit Jahren die Modeindustrie, in einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung AT & Kearney werden die Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwait, Katar, die Türkei und Saudi Arabien zu den "etablierten Luxusmärkten" gezählt.

Aber auch in der westlichen Haute-Couture hat der islamische Kleidungsstil längst Einzug gehalten: Internationale Luxusmarken wie Oscar de la Renta und DKNY haben in der Vergangenheit islamische Kollektionen speziell für Ramadan, den muslimischen Fastenmonat, kreiert. Zu Beginn des Jahres launchte auch das italienische Modehaus Dolce & Gabbana mit der "Abaya Collection" die erste Kollektion exklusiv für Musliminnen.

H&M sorgte für Wirbel

Auch am europäischen Massenmarkt wird der Islam langsam sichtbar. Ein Werbevideo des schwedischen Modelabels H&M sorgte letztes Jahr für Furore. Darin wurde mit Mariah Idrissi zum ersten Mal ein Model mit Kopftuch gezeigt. Kopftücher führt die Modekette vorerst jedoch nicht im Sortiment.

Das könnte sich bald ändern. Bis 2019 sollen mehr als 480 Milliarden US-Dollar, das entspricht rund 14 Prozent der globalen Ausgaben für Mode, auf muslimische Konsumenten entfallen. Das zeigt ein Bericht von Thomson Reuters. 2013 gaben Muslime demnach 266 Milliarden US-Dollar aus – bereits fast zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Allein 22 Milliarden davon wurden von Muslimen in Westeuropa und Nordamerika ausgegeben.

Gezieltes Zielgruppenmarketing

Sümeyye Coktan hat das wirtschaftliche Potenzial der muslimischen Frauen in Europa längst erkannt. Nach einem Türkeiurlaub im Jahr 2012 kam ihr die Idee, eine Facebook-Seite zu erstellen, um ihre eigenen Kombinationen zu zeigen und andere junge Mädchen zu inspirieren. "Das Interesse an Mode hatte ich von klein auf", erzählt die 20-jährige auf ihrer Website. "Kreieren macht mir einfach Spaß."

Die 20-jährige Sümeyye Coktan vermarktet über Social Media ihr Modelabel speziell für junge Musliminnen.
Foto: Hijab is my diamond/Facebook

Die Facebook-Seite der jungen Deutschtürkin hat mehr als 850.000 Gefällt-mir-Angaben, ihrem Instagram-Account folgen 32.000 Abonnenten – hauptsächlich junge Mädchen mit Migrationshintergrund. Auf ihrer Website wird man dreisprachig begrüßt, auch ihre Bildbeschreibungen sind auf Deutsch, Türkisch und Englisch.

Coktan ist nicht nur sehr erfolgreich mit Social Media, sie vermarktet über ihre Plattform auch ihren eigenen Onlineshop, in dem sie muslimische Kleidung anbietet. Neben langen Kleidern und Röcken findet man dort Hijabs – islamische Kopftücher – in verschiedenen Farben und Stoffen. Für die nötige Inspiration zum Kombinieren ihrer Kleidungsstücke sorgt Coktan durch tägliche Fotoshootings selbst.

Musliminnen: "Häufig vergessen"

Im deutschsprachigen Raum ist Coktan eine der Ersten, die in sozialen Netzwerken mit Mode für junge Musliminnen Geld verdienen, durch Fashionblogging oder ihr eigenes Label. International gibt es viele mit noch größerer Gefolgschaft.

Die britisch-ägyptische Modebloggerin Dina Torkia spricht auf ihrer Website Klartext: Junge, islamisch gekleidete Frauen, seien eine "häufig vergessene", aber auch "große" und "wohlhabende" Zielgruppe. Ihr Blog würde genau diese Zielgruppe weltweit erreichen. Sie stellt ihren Blog für Sponsorships, Werbung und bezahlte Produktrezensionen zur Verfügung. Zu ihren Kunden zählen vor allem große internationale Make-up-Marken, die das Potenzial von jungen Musliminnen als Konsumentengruppe aktiv nutzen wollen.

Halal Beautyprodukte

Aber nicht nur Kleidung, auch islamgerechte Beauty-Produkte wie Make-up, Lippenstifte oder Shampoos sind weltweit auf dem Vormarsch. Um als halal zu gelten, das heißt, nach islamischem Recht erlaubt zu sein, muss ein Produkt frei von Alkohol, tierischen Produkten und schädlichen Inhaltsstoffen sein.

Die deutsche Firma Beautylope vertreibt seit einiger Zeit sogar halal Nagellack. Wichtig beim Nagellack ist laut Beautylope die Wasserdurchlässigkeit: Vor den täglichen Gebeten müsse eine rituelle Waschung der Hände und Füße vorgenommen werden, die nicht gültig sei, sofern das Wasser nicht überallhin gelange. Sogar eine von einem Biochemiker ausgestellte Bescheinigung der Wasserdurchlässigkeit der Nagellacke findet sich auf der Website.

Anas Sillwood, Gründer von SHUKR, eines der ersten islamischen Modelabels für Muslime in Europa und den USA, vertreibt nach eigenen Angaben nicht nur traditionell-islamische Kleidung, sondern auch moderne Hosen, Kleider und Jacken, die mit der Religion im Einklang stehen. Er sieht großes Potenzial für die islamische Modebranche. Und nicht nur bei Musliminnen. Auch bei Nichtmuslimen, die sich gerne "bescheidener" kleiden möchten. (Elena Pramesberger, 21.3.2016)