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Htin Kyaw wird auch als Präsident auf NLD-Chefin Aung San Suu Kyi hören, so heißt es.

Foto: AP / Aung Shine Oo

Naypyidaw/Wien – Die Geschichte stimmt zwar nicht ganz, aber als Sinnbild passt sie so gut zu seiner neuer Position, dass sie in Porträts von Htin Kyaw eigentlich immer vorkommt – jenes Mannes, der am Montag als erster Zivilist seit Jahrzehnten an die Staatsspitze von Burma (Myanmar) gewählt wurde.

Htin Kyaw, so heißt es, sei einst der Fahrer der früheren Oppositionschefin und Demokratieaktivistin Aung San Suu Kyi gewesen – formell also am Steuer, während tatsächlich Suu Kyi die Richtung vorgab. So ähnlich soll auch das Amtsverständnis des heute 70-Jährigen an der Staatsspitze sein, an die er vor allem deshalb mit großer Mehrheit der Nationalen Liga für Demokratie NLD gewählt wurde, weil das Militär der im Volk ungleich bekannteren und beliebteren Suu Kyi diesen Weg über einen umstrittenen Verfassungspassus versperrt. Sie hat aber bereits im Wahlkampf angekündigt, im künftigen politischen Leben eine Rolle einnehmen zu wollen, "die über jener des Präsidenten steht".

Eine lange Geschichte

Und die Geschichte hat einen wahren Kern: Suu Kyis enger Vertraute bestand tatsächlich auch noch darauf, seine Parteichefin persönlich zu Terminen zu fahren, als er selbst längst in der NLD aufgestiegen war. Sie dankte es dem in Oxford ausgebildeten Informatiker und Ökonomen mit einem Job an der Spitze ihrer Wohltätigkeitsorganisation, der 2012 gegründeten Daw-Khin-Kyi-Stiftung.

Htin Kyaw ist eng mit jenen Elitefamilien aus Kolonialtagen verbunden, die später zu Verfechtern der Unabhängigkeit und danach der Demokratie wurden. Seine Ehefrau Su Su Lwin ist Abgeordnete und Tochter eines Gründungsmitglieds der NLD. Suu Kyi, die Tochter von Unabhängigkeitsheld Aung San, kennt er seit Kindheitstagen.

Trittsicher auf politischem Parkett

Er selbst war bis vor kurzem nur wenigen Burmesen bekannt – und wenn doch, dann weniger als Politiker denn als Autor und als Biograf seines Vaters, des Dichters Min Thu Wu. Denn nach den annullierten Wahlen von 1990 widmete sich Htin Kyaw dem Schreiben und der Arbeit als Privatlehrer. Anders als viele NLD-Mitglieder war er nie inhaftiert. Während Suu Kyis Hausarrest fungierte er als Bindeglied zur Außenwelt und als ihr Berater.

Erfahrung hatte er von 1980 bis 1992 als leitender Beamter im Außenwirtschaftsamt gesammelt. Dann zog er sich vom Posten zurück, angeblich aus Protest. Aus dieser Zeit, so Vertraute, wisse er, wie man sich auf internationalem Parkett bewegt. (Manuel Escher, 15.3.2016)