Die Cosplayer auf der Leipziger Buchmesse.

Foto: Michael Wurmitzer

Leipzig – Zu immer mehreren mischen sie sich jetzt unters Volk: die lebensgroßen Pikachus, Mangamädchen, Mythenmänner, Superhelden. Ihre weißen Strümpfe sind gar unschuldig mit pinken Riemen gegürtet, ihre Haare grün und blau, ihre Augen extragroß geschminkt, ihre aufgesetzten Ohren pelzig. Sagen und Kitsch. Nicht weniger Schnickschnack als an diesen Körpern macht sich in der ihnen speziell zugedachten Halle 1 von Merchandise bis Videospielen breit.

Sie seien ein großer Treiber der jugendlichen Besucherzahlen der LBM, meint Oliver Zille über die Comicfans. Jeweils 90.000 von ihnen haben jene in den beiden Jahren seit Eingliederung der Manga-Comic-Convention besucht – mehr als ein Drittel des Gesamtpublikums. Ist das die Zukunft? Oder flüchten sich da beide, die Cosplayer und der Buchmessendirektor, in Wunschträume?

Print oder Blog?

Um Zukunftsfragen geht es auch im vortragsorientierten Ausstellungsbegleitprogramm. Über Buchkritik zwischen Feuilleton und Blogs diskutierten am Donnerstag u. a. Ijoma Mangold, Literaturchef der Zeit, und Sieglinde Geisel, Gründerin des am Freitag in seiner ersten Ausgabe erschienenen Online-Kulturmagazins Tell (www.tell-review.de). Online sei kein "Überlaufbecken" für Print, zeigten sie sich einig. Dabei böten blogartige Formen aber eine Demokratisierung und thematische Erweiterung des (aus notorischer Platznot) mainstream-konzentrierten und aktualitätsgebundenen Print-Rezensionsfeldes. Diesen Vorteil will Tell nutzen, dabei aber die Schwächen "traditioneller" Blogs (keine Redaktion, zu oft Ergriffenheit statt Begreifen) ausmerzen.

Ebenfalls dabei war Doris Plöschberger vom Suhrkamp-Verlag, der mit dem Onlinemagazin Logbuch mittlerweile selbst in die "Blogosphäre" eingestiegen ist und nebenbei zu Marketingzwecken ein Heer von 500 Book Haulern und Co. beliefert. "Aufgabe eines Verlags ist es, Öffentlichkeit zu schaffen", sagt sie. Evaluiert werden die Effekte angeblich nicht – angesichts der verschwindend geringen Kosten und durchaus imposanten Zugriffszahlen, die Book Hauls auf Youtube auslösen, schiene das aber durchaus verständlich.

Super Tinte und mieses Honorar

Was die technische Aufrüstung auch des Privatlebens sonst noch mit sich führt? Über Nützliches und scheinbare Spielereien informierte das erstmals auf der LBM eingerichtete Start-up-Village "Neuland 2.0". Weniger Fachchinesisch als die dort vorgestellten intelligenten Spezialtinten und Buch-Social-Media-Verknüpfungen gab sich eine Sprechstunde zur privaten Zukunftsfrage: "Wie werde ich Autor?"

Allerlei gab es da an Fakten zu erdulden, das die Künstlerseele ganz schnell auf den harten Boden der Tatsachen zurückzuholen vermochte. Nein, gewiss ist es nicht leicht, mit Honorarkonditionen zwischen sechs (Taschenbücher) und zehn Prozent (Hardcover) des Nettoverkaufspreises vom Schreiben auch leben zu können. Aber irgendwie muss es ja weitergehen. Zum Beispiel mit Rumänien als Gastland auf der LBM 2018. Die entsprechende Vereinbarung wurde am Freitag unterzeichnet. Mit normaler Tinte. (wurm, 18.3.2016)