Immer am Limit, ständig müde, leicht reizbar, übersensibel: Die Anzeichen für Burn-out sind vielfältig – aber was sind seine Auslöser?

Mangelnde Selbstbestimmung

Die meisten Menschen verbringen mehr Zeit im Job als mit ihrer Familie. Wenn dort kein Spielraum für Selbstbestimmung ist, hat es Einfluss darauf, wie gut es einem insgesamt geht. "Wer sich nicht einbringen kann, brennt aus", sagt Psychologin und Beraterin Barbara Supp. Fehlt die Eigenverantwortung, leidet langfristig auch die Gesundheit.

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Zeit- und Leistungsdruck

Eine Studie von Marketagent.com von 2010 nennt Stress als Hauptursache für die Zunahme von Burnout-Fällen. Zu viel Arbeit, zu wenige Ressourcen: Stress kann sich in Form von Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Magen-Darm-Problemen, aber auch Kreuzweh äußern, sagt Wolfgang Merkle, Facharzt für psychosomatische Medizin. Aber auch Langeweile kann krankmachen, ein Phänomen, das als "Boreout" bekannt wurde und sich ebenfalls in depressiven Verstimmungen äußert. Besonders Boreout gefährdet sind Menschen zwischen 45 und 60 Jahren, die wenig Möglichkeiten sehen, sich beruflich noch weiterentwickeln zu können.

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Zoff mit Kollegen

Auch ein schlechtes Betriebsklima ist ein nicht zu unterschätzender Auslöser für Erschöpfungszustände. Streit strengt an. Auch die Kommunikationskultur im Unternehmen trägt entscheidend zur Zufriedenheit der Mitarbeiter bei. Positiv ist, wenn zwischen Führungskräften und Mitarbeitern eine gute Gesprächsbasis herrscht. Ebenfalls wichtig: eine gut etablierte Fehlerkultur, die Mitarbeiter nicht permanent Ängsten aller Art aussetzt. Denn das raubt Energie. Oft unterschätzt: die Pausenkultur eines Unternehmens. Sie entscheidet darüber, wie gut Mitarbeiter Belastungen standhalten können.

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Keine Anerkennung

Die Beziehungen zu Kollegen und Vorgesetzten können Burnout befördern oder ihm entgegenwirken – schließlich arbeitet man oft auf engstem Raum zusammen. Mangelnde Unterstützung, fehlender Rückhalt im Team sind Experten zufolge Risikofaktoren. Auch wenn Anerkennung ausfällt, ist das schädlich. So beschreiben Christina Maslach und Michael Leiter in ihrem Buch "Die Wahrheit über Burnout" ungenügende Belohnung als große Gefahr. Umgekehrt kann aber auch eine zu hohe Loyalität gegenüber Kollegen zu einer psychischen Belastung werden: dann zum Beispiel, wenn jemand freiwillig mehr als alle anderen arbeitet, um damit sein Team nicht im Stich zu lassen.

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Geringe Belastbarkeit

Auch gewisse Persönlichkeitseigenschaften erhöhen die Wahrscheinlichkeit für Burnout. Sehr gewissenhafte Personen und Menschen mit perfektionistischen Tendenzen sind eher gefährdet, weil sie sich überdurchschnittlich stark engagieren, was wiederum das Stresslevel besonders anhebt. Idealisten erkranken ebenfalls überdurchschnittlich häufig. Dazu kursiert unter Psychologen das Sprichwort: "Wer ausbrennt, muss einmal gebrannt haben." Eine andere Facette von Burnout-Betroffenen sind Menschen mit "Neurotizismus": Sie sind besonders labil, besonders ängstlich, schnell nervös und haben ein starkes Kontrollbedürfnis. Das macht sie für einen fordernden Berufsalltag weniger belastbar. Stresssituationen bereiten ihnen große Probleme, Gelassenheit ist unmöglich.

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Zu hohe Erwartungen

Es gibt Menschen, die gesellschaftliche Leitsätze wie "Sei stark!" oder "Streng dich an!" seit ihrer Kindheit so stark verinnerlicht haben, dass sie gar nicht anders können, als nach diesen Prinzipien zu leben. Diese Einstellung kann die Burnout-Neigung befeuern. Der amerikanische Psychiater Eric Berne nennt solche Verhaltensmustern "Antreiber". Sie äußern sich zunächst positiv, was Leistungsbereitschaft und Durchhaltevermögen betrifft – doch recht schnell können solche Antreiber auch in neurotisches Verhalten umschlagen. Überforderung und Erschöpfung treten ein. Auch prekäre oder unsichere Arbeitsverhältnisse sind gesellschaftliche Rahmenbedingungen, die davon Betroffene anfälliger für Burnout machen. Arbeit, ohne von ihr leben zu können: eine Situation, die in wirtschaftlich krisengeschüttelten Zeiten für viele zunehmend zu einer Realität geworden ist.

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Immer online

Freizeit bringt Abstand von der Arbeit. Die digitalen Technologien lassen die Grenze zwischen Job und Privatsphäre allerdings zusehends verschwimmen. Smartphone und Laptop verlangen Arbeitnehmern viel ab. E-Mails werden wochenends zu Hause, beim Waldspaziergang oder im Urlaub sogar vom Strand aus gelesen – laut Studien tut das übrigens jeder Dritte in Österreich. Die Folge: "Echte Erholung" kann nicht mehr stattfinden. Wer tagsüber nicht von seinem Smartphone oder Tablet lassen kann, schläft übrigens oft auch schlechter, wie eine aktuelle Untersuchung der California State University zeigt. Ein Grund für dieses Verhalten ist die Angst, während der Nachtruhe etwas Wichtiges zu verpassen. Im Angloamerikanischen gibt es dafür eine eigene Bezeichnung: "Fomo" ("fear of missing out").

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Private Katastrophen

Mit wie viel Energie sich jemand beruflich engagieren kann, hängt maßgeblich vom Privatleben ab. Eine stabile familiäre Situation gibt Kraft und Rückhalt. Eine Scheidung, pflegebedürftige Eltern, Krankheit des Partners oder grobe Probleme mit den Kindern können einem recht schnell den Boden unter den Füßen wegziehen, weiß die Psychologin Barbara Supp aus ihren Beratungen.

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Mieses Raumklima

Zu viel Lärm, zu heiß, zu kalt, zu staubig, zu stickig, zu trockene Luft: Klimatechnische Grundvoraussetzungen fördern Erschöpfung, zeigen zahlreiche internationale Studien. Experten sprechen in diesem Zusammenhang von "sick buildings", von krankmachenden Büros. So können Glasfassaden blenden, Kopfschmerzen beziehungsweise Konzentrationsschwierigkeiten befördern, sagt der Arbeitsmediziner und Baubiologe Heinz Fuchsig. Einfluss auf das Wohlbefinden haben aber auch Farben. Weiß und Grau führten im Gegensatz zu warmen naturnahen Farben eher zu Unwohlsein. Zimmerpflanzen am Arbeitsplatz steigern übrigens nachweislich Wohlbefinden und Produktivität. Auch wenn Mitarbeiter ihr Arbeitsumfeld selbst gestalten, wirkt sich das positiv auf die psychische und physische Gesundheit aus. (Lisa Breit, CURE, 1.5.2016)

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