Das Verteidigungsministerium der international nicht anerkannten Republik Bergkarabach veröffentlichte am Samstag ein Foto, das einen abgeschossenen aserbaidschanischen Hubschrauber zeigen soll. Aserbaidschan dementierte diese Behauptung.

APA/AFP/Nagorno Karabakh Republi

Baku/Eriwan – Befürchtungen vor einem erneuten Gewaltausbruch im Konflikt um die Kaukasusregion Bergkarabach erwiesen sich am Wochenende als berechtigt. Bei heftigen Gefechten zwischen den Nachbarländern Armenien und Aserbaidschan an der Frontlinie zu dem umstrittenen Grenzgebiet wurden seit Samstag insgesamt mindestens 30 Soldaten getötet. Die Botschaft der Republik Aserbaidschan in Wien erklärte zudem in einer Aussendung, bei den blutigen Zusammenstößen seien auch "aserbaidschanische Zivilisten getötet und verletzt" worden.

Am Sonntag rief Aserbaidschan dann eine einseitige Waffenruhe aus. Die Feuerpause sei als "Zeichen guten Willens" beschlossen worden, teilte das Verteidigungsministerium in Baku mit. Allerdings würden alle von den armenischen Truppen besetzten Gebiete "befreit", sollte das armenische Militär seine "Provokationen" nicht stoppen.

Internationale Besorgnis

Beide Seiten machen sich gegenseitig für die Eskalation verantwortlich. Das armenische Verteidigungsministerium teilte mit, aserbaidschanische Truppen hätten in der Nacht auf Samstag eine Offensive mit Panzern und Artillerie gestartet. Die Armee habe daraufhin einen aserbaidschanischen Kampfhubschrauber abgeschossen und mehrere Panzer und Drohnen zerstört. Aserbaidschan wies die Vorwürfe zurück. Die Streitkräfte hätten auf massive Angriffe von armenischer Seite reagiert, erklärte das Verteidigungsministerium in Baku.

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon rief alle Beteiligten auf, "sofortige Schritte zur Deeskalation zu unternehmen". Auch US-Außenminister John Kerry verurteilte den Vorfall "auf das Schärfste" und forderte einen umfassenden Verhandlungsprozess unter der Federführung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Ähnliche Appelle kamen von Frankreichs Staatschef François Hollande und der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini.

Auch der russische Präsident Wladimir Putin mahnte beide Seiten zur Ruhe. Russland versteht sich traditionell als Schutzmacht Armeniens. Ankara indes sicherte Aserbaidschan seine Unterstützung zu: "Wir beten dafür, dass unsere aserbaidschanischen Brüder mit den kleinstmöglichen Verlusten die Oberhand in diesen Kämpfen gewinnen", erklärte Präsident Tayyip Erdogan am Sonntag. "Wir werden Aserbaidschan bis zum Ende unterstützen."

Das überwiegend von christlichen Armeniern bewohnte Gebiet Bergkarabach gehört völkerrechtlich zum muslimisch geprägten Aserbaidschan, sagte sich aber nach dem Zerfall der Sowjetunion Anfang der 1990er-Jahre von Baku los. Die Folge war ein Krieg mit fast 30.000 Toten und hunderttausenden Flüchtlingen. 1994 wurde ein Waffenstillstand vereinbart, doch er ist brüchig. Einen Friedensvertrag gibt es bis heute nicht. International wird Bergkarabach als Teil Aserbaidschans angesehen, Armenien erkennt dies aber nicht an. Ein Treffen der Präsidenten beider Staaten im Dezember hatte keine Annäherung gebracht. (red, 3.4.2016)