Podgorica/Sarajevo – Ohne die USA wäre es wohl nicht so weit gekommen: Vergangene Woche hat die montenegrinische Regierung unter Langzeitpremier Milo Ðukanović eine Vereinbarung mit drei Oppositionsparteien verfasst: Bis zu den Wahlen im Oktober soll eine Übergangsregierung die Geschäfte führen – vier Ministerien und das Amt des Vizepremiers gehen an Oppositionspolitiker.

Vor einigen Monaten hatte Ðukanović eine Zusammenarbeit mit der Opposition noch ausgeschlossen. In Podgorica wird deshalb spekuliert, dass Washington ein Machtwort gesprochen hat. Auch die redaktionelle Ausrichtung des Staatsfernsehens, das so wie private TV-Sender Propaganda für die Regierung macht, wird geändert. Chefin Radojka Rutović soll zurücktreten und ein neues Management ernannt werden.

Raum nach 20 Jahren Machtmonopol

Zudem soll die Staatsanwaltschaft möglichen Betrug bei der vergangenen Wahl untersuchen, und viele Behörden sollen überwacht werden, damit es nicht zu neuen Manipulationen kommt.

Nach 20 Jahren Machtmonopol räumt Ðukanovićs Partei DPS nun anderen Kräften ein wenig Raum ein – allerdings passiert dieser sanfte Wechsel ganz unter seiner Regie. Die Fäden hält der alte Stratege noch immer in der Hand. Der Mann, der seit 1991 fast durchgehend entweder Präsident oder Premier war, will sein Land, das er 2006 zur Unabhängigkeit führte, noch in die Nato bringen.

Druck wegen Nato-Beitritts

Die USA unterstützen dies, schließlich sind die Nachbarn an der Adriaküste – Slowenien, Kroatien und Albanien – bereits im Klub. Geostrategisch ist es deshalb wichtig, dass auch Montenegro beitritt. Im Frühjahr 2017 soll es so weit sein – es geht nur noch um den Ratifizierungsprozess. Im Zuge des Beitrittsprozesses entstand in den vergangenen Monaten die Möglichkeit, Druck auf Ðukanović auszuüben.

Auch die EU fordert seit langer Zeit mehr Rechtsstaatlichkeit – ohne viel Erfolg. Im Dezember wurde aber dann Expräsident Svetozar Marović wegen Korruptionsvorwürfen verhaftet, was in Montenegro einem Wunder gleichkommt. Nun soll es auch zu einer Demokratisierung kommen.

Dialog im Parlament

Bereits im Oktober 2015 ging die Opposition auf die Straße. Sie argumentierte, dass die Regierung wegen Manipulationen nicht legitimiert sei, Wahlen zu organisieren. Überraschenderweise bot Ðukanović der Opposition an, auf parlamentarischer Ebene einen Dialog zu führen. Dieser führte zum jetzigen Deal – die Oppositionspartei Demokratische Front ist allerdings nicht Teil davon.

"Ðukanović hat gut gespielt und setzt auf die Uneinigkeit der Opposition, gleichzeitig will er der Internationalen Gemeinschaft zeigen, dass er konstruktiv ist", sagt der Menschenrechtsaktivist Nenad Koprivica. Die Publizistin Milka Tadić, bezweifelt, dass es möglich ist, in einem halben Jahr einen fundamentalen Wandel in einem Land herbeizuführen, wo Institutionen und Entscheidungen von der DPS dominiert sind.

Als Test gilt die Lokalwahl in Tivat am 17. April, bei der das neue Wahlgesetz getestet wird. (Adelheid Wölfl, 4.4.2016)