Im Unternehmensalltag kann Zögern bei wichtigen Entscheidungen viel Zeit, Geld und Nerven kosten – in der Luftfahrt sogar Menschenleben. "Schließlich können wir nicht mal eben rechts ranfahren und eine Krisensitzung einberufen, wenn etwa ein Triebwerk brennt", sagt Berufspilot Philip Keil. Er beschreibt die Checkliste "Fordec", eine Art Navigationshilfe für schwierige Entscheidungen und rät dazu, sich die einzelnen Punkte auf einem Blatt Papier zu notieren:

"F" wie "Facts":

Was sind die Fakten? "Gehen Sie nicht zu schnell über diesen vermeintlich trivialen Punkt", sagt Keil. "Zeit gehört zu den knappsten Ressourcen unserer Gesellschaft." Er rät dazu, sich Ruhe zu suchen und von außen auf die Ausgangslage zu blichen. "Beobachten Sie unvoreingenommen, ohne zu bewerten. Nur wer seinen genauen Standort kennt, findet den Weg zum Ziel."

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Philip Keil will mit seiner Methode für "Happy Landings" sorgen.
Foto: Reuters/IVAN ALVARADO

"O" wie "Options":

"Nachdem Sie stichpunktartig alle Fakten notiert haben, überlegen Sie: Welche Möglichkeiten eröffnen sich aus dieser Gemengelage?", sagt Keil. Auch hier gelte, sich nicht auf die offensichtlichen Optionen zu beschränken, "sondern die Scheuklappen abzulegen." Man solle sich Zeit nehmen und jede noch so ausgefallene Idee notieren. "Streichen können Sie sie später immer noch."

"R" wie "Risks and Benefits":

Hier gelte es, über die möglichen Konsequenzen aller Optionen nachzudenken. Keil: "Versehen Sie jede zuvor notierte Option mit zwei Pfeilen und listen unterhalb des linken Pfeils die Gefahren, Risiken und Nachteile auf, die diese Option mit sich bringen würde. Unterhalb des rechten Pfeils führen Sie alle Vorteile und Chancen auf." Nachdem man das für alle Optionen gemacht habe, solle man das jeweilige Chancen-/Risiko-Verhältnis vergleichen. "Diese optische Gegenüberstellung hilft Ihnen dabei, den Überblick zu behalten", sagt Keil.

Option eins oder zwei? Berufspilot Philip Keil rät, Optionen mit möglichen Konsequenzen aufzuschreiben.
Foto: iStock

"D" wie Decision:

Nun, da man alle Informationen auf dem Tisch habe, müsse man – zeitnah – eine Entscheidung treffen. "Wenn Sie sich jetzt immer noch schwertun, bitten Sie einen 'Copiloten' um Rat", führt Keil die Cockpit-Analogie fort. "Außenstehende sehen die Dinge oft klarer."

"E" wie "Execution":

Was bei einem Modell zur Entscheidungsfindung überraschen mag, ist die Tatsache, dass es nicht mit der getroffenen Entscheidung endet: Jetzt gelte es nämlich, sofort zum Handeln zu kommen und die Entscheidung in die Tat umzusetzen. "Notieren Sie sich unter diesem Punkt die konkreten Schritte zum Ziel. In der Luftfahrt wie im Business zählen nicht die Entscheidungen, die wir treffen, sondern das Ergebnis", sagt Keil.

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"Fordec" wird seit Jahrzehnten in Cockpits angewendet.
Foto: Reuters/MATT MILLS MCKNIGHT

"C" wie "Check":

Wichtig sei schließlich, gerade bei längerfristigen Projekten, auch nachträgliche Kontrolle, zu "checken", ob man noch "auf Kurs ist oder ob korrigiert werden muss". Greifen die beschlossenen Maßnahmen oder muss man nachbessern? Gleichzeitig gelte es, auf äußere Faktoren zu achten. Hat sich etwas Grundlegendes an der Situation geändert? "Neue Fakten bedeuten unter Umständen ein neues Fordec", sagt Keil.

Umgang mit Fehlern

Um gute Entscheidungen zu treffen, rät Keil außerdem zu einer anderen Routine – denn Alltagsstress und die Angst vor einer Fehlentscheidung würden das Gehirn häufig ausbremsen. Es gelte, sich gleich in der Früh um die wichtigen Entscheidung des Tages zu kümmern, "während Ihr E-Mail-Postfach und Ihr Telefon im 'Flugmodus' sind."

Zudem dürfe man nicht allzu viel Angst vor Fehlern haben. "Es gibt in den wenigsten Fällen die eine richtige oder falsche Entscheidung. Wenn der 'Kapitän' in jedem Unternehmen offen mit Fehlern umgeht und seine Crew daran teilhaben lässt, lernen alle dazu und jeder verliert die Scheu vor Fehlentscheidungen." (lib, 19.4.2016)