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Mit neun Jahren wurde Céline Cousteau von ihrer Familie erstmals in den Amazonas mitgenommen.

Foto: Çapkin van Alphen/CauseCentric Productions

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Die Möglichkeit zu reisen bezeichnet sie als großes Privileg. Ihre Erlebnisse will sie ihn Form von Filmen und Vorträgen weitergeben.

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STANDARD: Genau wie Ihr Großvater Jacques Cousteau und Ihr Vater Jean-Michel Cousteau machen Sie sich unter anderem für den Meeresschutz stark. Welche Region braucht Ihrer Meinung nach unsere verstärkte Aufmerksamkeit?

Cousteau: Mehr als um einen bestimmten Ort geht es um unser Bewusstsein. Es ist vor allem wichtig, die Menschen zu informieren, wie wichtig unsere Ozeane überhaupt sind. Als Konsequenz würden sie wohl viel weniger Wegwerfplastikprodukte kaufen oder nur noch nachhaltig gefangene Meerestiere konsumieren. Es geht darum zu vermitteln, was auf dem Spiel steht.

STANDARD: Wie setzen Sie das in Ihrer Arbeit um?

Cousteau: Ich erzähle in meinen Filmen und Vorträgen von den Orten, die ich besucht habe, und den Menschen, die ich getroffen habe. Ich hoffe, dass ich die Zuhörer inspiriere, indem ich vom Amazonas, von der Antarktis oder von Erlebnissen unter Wasser berichte.

STANDARD: Zum Thema Plastik: In der EU sollen leichte Plastiksackerln verschwinden. Ist das ein Schritt in die richtige Richtung?

Cousteau: Wenn man seine Augen öffnet, realisiert man schnell, dass Plastik überall landet. Das wir es immer noch benutzen, hängt das mit unserer Bequemlichkeit zusammen: Es ist die schnellste Lösung. Daher ist es wichtig, den Gebrauch komplizierter zu machen. Wenn man Plastiksackerln mit Kosten verbindet, realisieren die Leute, dass das etwas kostet, was vorher keinen Wert hatte.

STANDARD: Auch der Klimawandel hinterlässt seine Spuren im Meer. 93 Prozent der Korallenriffe in Australien, die auch Regenwald der Meere genannt werden, bleichen laut einer Studie aus. Was sind die Folgen?

Cousteau: Die Korallenriffe sind ein eigenes Ökosystem. Wenn es kollabiert, sind alle Lebewesen unter Wasser davon betroffen – das ist auch für uns wichtig. Doch auch am medizinischen Sektor sind Korallen eine wichtige Quelle: Sie wurden als organisches Material bei schweren Knochenbrüchen eingesetzt. Die poröse Struktur ist menschlichen Knochen ähnlich. Und natürlich ist der damit verbundene Tourismus ein wichtiger ökonomischer Faktor.

STANDARD: Bei der Klimakonferenz in Paris wurde die Begrenzung der globalen Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius festgesetzt. Ist das genug?

Cousteau: Nein, wir brauchen ehrgeizigere Ziele. Ich bin zwar keine Klimawandelforscherin, aber ich sehe die Auswirkungen auf der ganzen Welt.

STANDARD: Sie haben den Amazonas das erste Mal mit neun Jahren bereist. Seit vier Jahren arbeiten Sie dort an einem Filmprojekt. Worum geht es dabei?

Cousteau: Aus dem Projekt "Tribes on the edge" wird ein Dokumentarfilm und eine Bewusstseinskampagne entstehen, die im Herbst veröffentlicht werden. Darin wird die Geschichte eines abgeschieden lebenden indigenen Stamms erzählt. Sie haben mich darum gebeten, die Welt darüber zu informieren, dass es sie gibt.

STANDARD: Sie bereisen den Amazonas seit mehr als 30 Jahren. Welche Veränderungen haben Sie beobachtet?

Cousteau: Vor allem die Anzahl an Menschen, die dort lebt, steigt. Damit ist Entwaldung verbunden. Zunehmend wird Wald für den Anbau von Futtermitteln für die Nutztierindustrie vernichtet. Es ist wichtig, dass hier die Verbindung zwischen Nahrung und Klimawandel in das Bewusstsein der Menschen kommt.

STANDARD: Der Name Cousteau ist mit Abenteuer und Entdeckung verbunden. Was macht für Sie einen modernen Entdecker aus?

Cousteau: Natürlich gibt es noch die Idee, dass ein Entdecker zu exotischen Orten reist und Risiken eingeht. Nicht alle Menschen haben diese Möglichkeit. Ich denke jedoch, dass jeder, der die eigene Komfortzone verlässt, ein Entdecker ist. Reisen ist ein Privileg, und ich bin sehr dankbar dafür. (Julia Schilly, 21.4.2016)