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Die Außenminister Sebastian Kurz und Nikos Kotzias im Jänner in Brüssel (mit ihrem deutschen Kollegen Frank-Walter Steinmeier, re.). Damals war alles noch in Ordnung.

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Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (re.) und sein griechischer Amtskollege Panos Kammenos im April in Athen.

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Nach zwölf Wochen Verstimmung ist Schluss. Wie DER STANDARD aus griechischen Regierungskreisen erfuhr, ist ein Besuch von Außenminister Nikos Kotzias am 11. Mai in Wien geplant. Damit soll die diplomatische Krise zwischen den beiden Ländern beigelegt werden, die Österreich im Februar durch die Schließung der Balkanroute für Flüchtlinge ausgelöst hatte.

Kotzias, so heißt es, wird Botschafterin Chryssoula Aliferi mitbringen. Griechenland hatte die Botschafterin aus Protest gegen den Alleingang Österreichs und der Westbalkanstaaten zu Konsultationen zurückgerufen. Das ist unter EU-Staaten ein äußerst seltener Vorfall.

Normalisierung mit Wien

Aliferi soll nach Ende des Besuchs in Wien bleiben und ihre Aufgabe als Botschafterin fortsetzen. An den politischen Gegebenheiten habe sich nichts geändert, heißt es aus griechischen Regierungskreisen: Die Grenzen blieben geschlossen, und Griechenland trage weiter die Last der Flüchtlinge, die sich im Land seither sammeln. Doch das Arbeitsessen, zu dem Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) seinen griechischen Amtskollegen und die Botschafterin einlädt, sei eine "gute Gelegenheit, über die Differenzen zu sprechen".

Im Anschluss an das Essen trifft Kotzias die griechische Gemeinschaft in Wien. Diese Idee soll aus dem Außenministerium gekommen sein. Beide Seiten versichern aber gleichermaßen ihr Interesse an einem Ende der Krise.

Streitursache: Flüchtlingsgipfel

Die ÖVP-Minister Kurz und Johanna Mikl-Leitner hatten am 24. Februar die Außen- und Innenminister der Balkanstaaten zu einem Treffen nach Wien eingeladen, um die Schließung der Flüchtlingsrouten abzustimmen. Der EU-Partner Griechenland jedoch war als Hauptbetroffener nicht zur Konferenz gebeten worden.

Davor und danach gab es zudem auf Initiative Wiens Treffen der Polizeichefs der Anrainerstaaten, zu denen Griechenland ebenfalls nicht eingeladen wurde oder aus Protest fernblieb. Ziel war die Abschottung Österreichs vom Flüchtlingsstrom und die Isolierung Griechenlands, dem zuerst die beiden ÖVP-Minister, bald auch SPÖ-Chef Werner Faymann (SPÖ) Nachlässigkeit im Umgang mit den Flüchtlingen vorwarfen. "Es geht nicht, dass Griechenland wie ein Reisebüro agiert und alle Flüchtlinge weiterschickt", sagte der Kanzler in einem Interview.

Wie im 19. Jahrhundert

Die griechische Regierung reagierte äußerst verärgert. Außenminister Kotzias warf Österreich in einer Stellungnahme eine Politik im Geist des 19. Jahrhunderts vor. Die Balkankonferenz sei eine Initiative außerhalb der europäischen Institutionen gewesen und stehe im Gegensatz zu Beschlüssen des EU-Rats.

Als Kotzias am Tag nach der Balkankonferenz die Rückberufung der Botschafterin verkündete, erntete er noch einen spöttischen Kommentar des Außenministeriums in Wien: "Österreich kann die Anspannung in Griechenland nachvollziehen, nachdem der Druck auf Griechenland steigt, an einer Eindämmung des Flüchtlingsstroms mitzuwirken." Die griechische Botschafterin könne die Zeit in Athen nutzen, um der Regierung die österreichische Position zu erklären, hieß es noch.

Ein Wunsch der damaligen Innenministerin Mikl-Leitner, nur Tage nach der Rückberufung der Botschafterin zum Besuch nach Athen zu kommen, wurde von der griechischen Regierung abschlägig beschieden. Mikl-Leitners Rücktritt mag später zur Verbesserung der Atmosphäre beigetragen haben, ebenso der Besuch von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) bei seinem griechischen Amtskollegen.

Innenpolitische Motive?

Wiens Kurswechsel in der Flüchtlingsfrage war in Athen von Beginn an als innenpolitisch motiviert verstanden worden angesichts des Aufstiegs der FPÖ. Den Ausgang der ersten Runde der Bundespräsidentenwahl am Sonntag sehen griechische Regierungsvertreter als Bestätigung dieser Auffassung. (Markus Bernath aus Athen, 26.4.2016)