Nur 15 Prozent der Fließgewässer in Österreich haben noch eine so gute Qualität wie die Schwarze Sulm in der Steiermark.

Foto: Johannes Gepp

Wien – Die Causa um den Bau eines kleinen Wasserkraftwerks bei der Schwarzen Sulm geht in die nächste Runde. Der steirische Landeshauptmann hatte den Kraftwerksbau 2007 bewilligt, das Umweltministerium hob diese Genehmigung im Jahr 2009 wieder auf. Der Verwaltungsgerichtshof sah jedoch 2012 Formalfehler. Wegen der danach wieder gültigen Genehmigung klagte die EU-Kommission Österreich beim Europäischen Gerichtshof. Am Mittwoch wird nun das Urteil dessen erwartet. Der EuGH-Bescheid könnte eine Signalwirkung für ähnliche Wasserkraftprojekte in Österreich und im gesamten EU-Raum haben.

"Man kann die rechtliche Situation nur als hochgradigen 'juristischen Unfall' bezeichnen, da die Schwarze Sulm eine der letzten freien Fließstrecken in Österreich mit sehr guter ökologischer Qualität ist", sagt WWF-Flussexpertin Bettina Urbanek. Nur noch 15 Prozent der Fließgewässer befinden sich in einem solchen Zustand. Die betroffene Schluchtstrecke ist von seltenen Auwäldern und Hangschluchtwäldern gesäumt und zudem als Natura-2000-Europaschutzgebiet ausgewiesen. Nach Ansicht der EU-Kommission wurde die EU-Wasserrahmenrichtlinie bei der regionalen Genehmigung nicht hinreichend beachtet.

Wasserqualität herabgestuft

Im Zuge des Genehmigungsverfahrens stufte das Land Steiermark die Wasserqualität des Flusses von "sehr gut" auf "gut" herab – nur dadurch wurde ein Baustart überhaupt möglich. Die grüne Landtagsklubobfrau Sabine Jungwirth nennt diese schlechtere Bewertung "willkürlich". Grund sei eine Trinkwasserentnahme an einer Stelle des Gewässers gewesen, was laut Jungwirth keine drastische Verschlechterung der Bewertung der Flussqualität darstellen kann. Das Ministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft sah das ähnlich und brachte beim Verwaltungsgerichtshof eine Amtsbeschwerde gegen einen Anpassungsbescheid des damaligen Landeshauptmanns Franz Voves (SPÖ) ein.

Ministerium bleibt bei Nein zu Kraftwerk

Das Ministerium bleibt bei seiner Position und spricht sich weiterhin gegen das Kraftwerk aus, wird dem STANDARD aus dem Büro von Andrä Rupprechter (ÖVP) bestätigt. Die Begründung: Im Entwurf des nationalen Gewässerbewirtschaftungsplans wird der Zustand der Sulm als "sehr gut" dargestellt. Laut Wasserrahmenrichtlinie gilt das Verschlechterungsverbot, "mit dem Bau eines Kraftwerks würde eine Verschlechterung eintreten", so eine Sprecherin des Ministers. "Die Urteilsverkündung des EuGH ist ebenfalls noch abzuwarten, um eine Einschätzung zu den mit dem Wasserkraftwerk in Verbindung stehenden Fragen treffen zu können."

"Wir haben noch keine Informationen, es ist alles möglich", sagt die grüne Klubobfrau Jungwirth bezüglich des EuGH-Urteils. "Unabhängig vom Urteil des EuGH liegt es in der Hand des Umweltministers, diesem schier unlösbaren Fall ein Ende zu setzen", fordert WWF-Expertin Urbanek. (Julia Schilly, 2.5.2016)