Bregenz – Ein islamischer Religionslehrer, der an mehreren höheren Schulen in Vorarlberg unterrichtet, verweigert Frauen den Handschlag. Für Schullandesrätin Bernadette Mennel (VP) eine klare Missachtung österreichischer Werte: "Ich erwarte mir von der Islamischen Glaubensgemeinschaft die sofortige Abberufung. Ein Lehrer, der Frauen den Handschlag verweigert, akzeptiert die Werte eines respektvollen Umgangs und der Gleichbehandlung nicht. So ein Lehrer erfüllt seine Vorbildfunktion nicht und ist nicht mehr tragbar."

Die Antwort von Fuat Sanaç, der als Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) für islamische Religionslehrer zuständig ist, erwartet Mennel nächste Woche. Abdi Tasdögen, zuständiger Religionsinspektor für Vorarlberg, sagte gegenüber dem ORF, dass man derzeit keinen Anlass sehe, den Lehrer zu entlassen.

Bleibt es bei dieser Meinung, fehlt Mennel jegliche Handhabe. Vahide Aydın, Landtagsabgeordnete der Grünen, bedauert: "Der Staat muss zwar die Religionslehrer bezahlen, hat aber kein Aufsichtsrecht." Die IGGiÖ sei herausgefordert, Klarheit zu schaffen, sagt Zekirija Sejdini, Professor für Islamische Religionspädagogik an der Universität Innsbruck: "Als Zuständige für den Islamischen Religionsunterricht können sie es sich nicht leisten, die Diskussion stillschweigend zu beobachten."

Problematische Theologie im Hintergrund

Sejdini plädiert dafür, die aktuelle Diskussion nicht auf das Händeschütteln zu reduzieren: "Es muss hinterfragt werden, welche Theologie sich hinter einer solchen Haltung verbirgt." Für Sejdini könnte das auf eine problematische Haltung hindeuten, "eine, die unserem europäischen Kontext widerspricht" und nicht jenem Islambild, das die Islamische Glaubensgemeinschaft öffentlich vertritt, entspreche.

Eine fundierte Auseinandersetzung sei in der aktuellen politische Situation aber kaum möglich, bedauert Sejdini: "Es ist zu befürchten, dass auch diese Diskussion von Islamophoben missbraucht wird."

Unterschriftensammlung pro Lehrer

Für den Verbleib des Lehrers sammeln vier ehemalige Schülerinnen Unterschriften. Der Lehrer habe stets objektiv und kompetent unterrichtet, "betreibt keine Indoktrination", steht im Text zu den Unterschriftenlisten. Aus Glaubensgründen und aus Respekt seiner Gattin gegenüber verzichte er auf den Handschlag. Damit lehne er europäische Sitten nicht ab, sondern bringe den Respekt vor dem weiblichen Geschlecht zum Ausdruck, heißt es weiter.

Die Initiantinnen sehen im Verfahren gegen den Lehrer "Schikane" und "Rassismus". Amina Samchanowa, eine der Verfasserinnen des offenen Briefes, zum STANDARD: "Herr K. wurde gemobbt. Andere Lehrer haben ihn in Anwesenheit von Schülern angeschrien, über ihn vor Schülern schlecht gesprochen." Die Studentin über den Lehrer: "Er war der einzige Lehrer, der uns gelehrt hat, zu hinterfragen. Wir sollten nicht einfach aus Büchern ablesen, nicht alles glauben, was die Medien schreiben. Er hat uns zum Denken angeregt."

Dass K. Frauen die Hand nicht gibt, sei keine Diskriminierung, sondern seine ganz persönliche Entscheidung. Sie selbst gebe nichtmuslimischen Männern die Hand, sagt die junge Frau: "Für mich bedeutet das rein gar nichts." Keinesfalls würde sie aber einen tschetschenischen Mann, der nicht zu ihrer Familie gehört, per Handschlag begrüßen. "Dann müsste ich ihn heiraten. Das ist unsere Kultur." (Jutta Berger, 7.5.2016)