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Kim Jong-un dreht das Atomkarussell mal langsamer und mal schneller.

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Eine behübschte Überwachungskamera in einer nordkoreanischen Kabelfabrik.

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Normalerweise strotzen die offiziellen Stellungnahmen Nordkoreas gegenüber dem Westen vor großspurigen Gewaltdrohungen. Noch vor einem Monat verkündete Kim Jong-un nach einem Raketentest, sein Land könne "jede Jauchegrube des Bösen auf Erden einschließlich des US-Festlands" angreifen. Anfang März gab der Diktator gar den Befehl, das Atomwaffenarsenal zum sofortigen Einsatz bereit zu machen.

Auf dem ersten Parteitag seit 1980 schlägt Kim nun andere Töne an: Nordkorea sei ein "verantwortungsvoller Atomwaffenstaat", und die Atomwaffen würden nur zur Gegenwehr eingesetzt, wenn "aggressive feindliche Kräfte mit Atomwaffen" die Souveränität bedrohten. Darüber hinaus will sich Kim für eine weltweite Abschaffung der Nuklearwaffen einsetzen – ein besonderer Witz für Freunde des gepflegten Humors, ist doch Nordkorea das einzige Land, das aus dem Atomwaffensperrvertrag wieder ausgestiegen ist.

Auch wenn Kim nun sanftere Töne anschlägt, bedeutet das nicht die Abkehr von seinem grundlegenden politischen Kurs. Der Enkel des Staatsgründers setzt im Gegensatz zu seinem Vater auf ein duales System aus Wirtschaft und Militär. Kim Jong-ils Sŏn'gun-Doktrin räumte dem Militär absoluten Vorrang ein. Nachfolger Kim Jong-un setzt dagegen auf "Byungjin" (parallele Entwicklung) – die ökonomische Entwicklung soll gleichermaßen wie das Nuklearprogramm vorangetrieben werden.

Das bedeutet, dass die Tests von Raketen und Sprengköpfen eine Fortsetzung finden werden – vielleicht sogar schon bald: Auf aktuellen Satellitenbildern glauben Experten Hinweise auf einen weiteren bevorstehenden Atombombentest zu erkennen.

Gleich, ob Kim Jong-un nun einen Kurs der verbalen Aufrüstung oder der Beschwichtigung fährt, sind diese Stellungnahmen in erster Linie immer Botschaften nach innen. Denn der Diktator weiß, dass die internationale Gemeinschaft ohnehin nichts an den Beziehungen zu seinem Land ändern wird, solange Kim sein militärisches Nuklearprogramm betreibt. (Michael Vosatka, 9.5.2016)