Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff hat jedes Recht, erbittert um ihre Präsidentschaft zu kämpfen. Denn die Gründe für ihre Amtsenthebung sind fadenscheinig. Rousseff mag man vieles vorwerfen – Korruption gehört nicht dazu. Gegen mehr als Hälfte der Abgeordneten wird dagegen wegen Bestechungsvorwürfen ermittelt.

Die Abstimmung vor drei Wochen im Abgeordnetenhaus glich einer Zirkusveranstaltung. Mit seriöser Politik hatte sie nur wenig zu tun. Trotzdem votierten mehr als zwei Drittel der Parlamentarier für Rousseffs Sturz – ein Ergebnis, das schwer zu ignorieren ist und die Stimmung in der Bevölkerung widerspiegelt.

Der von der Opposition angestrengte Amtsenthebungsprozess folgt formal parlamentarischen Regeln. Aber ansonsten schrecken beide Seiten vor keinerlei Winkelzügen zurück. Die brasilianische Politik halte mehr Intrigen als jede Folge von "House of Cards" bereit, schrieben brasilianische Zeitungen.

Die überraschende Entscheidung des Parlamentspräsidenten für eine Aussetzung des Amtsenthebungsverfahrens brachte nur kurz Genugtuung für Rousseff. Am Ende war es ein Pyrrhussieg. Denn wieder einmal wird deutlich, wie wenig berechenbar Brasiliens Politikbetrieb ist. Aber statt gegenseitiger Blockade braucht das Land gemeinsame Lösungen für die schwere Wirtschaftskrise. Brasilien verspielt derzeit seinen Ruf als ernstzunehmender Partner. (Susann Kreutzmann, 10.5.2016)