Was hat sich verändert in Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung? Führungskräfte und Berufseinsteiger antworten Lara Hagen (Standard) – v. li.: Martin Spornberger (PWC), Barbara Polster (KPMG), Leopold Kühmayer (TPA Horwath) und Natascha Stornig (LeitnerLeitner).

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Leidenschaft, Faszination und Liebe – mit diesen Worten beschrieben die vier Berufseinsteiger aus Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung ihren Hang zu Zahlen. Schon als Teenager habe man ihm gesagt, er solle später Steuerprüfer werden, erzählt etwa Lukas Decker, Berufsanwärter bei LeitnerLeitner. "Der Weg war dann logisch: Wirtschaftsuni Wien. Da habe ich gleich gemerkt, das gefällt mir wirklich", sagt Decker beim von Uniport organisierten Jobtalk diese Woche.

Beliebtheit nimmt ab

Nicht bei allen verläuft der Berufseinstieg so geradlinig, das sprechen auch einige der Führungskräfte an. Natascha Stornig, Steuerberaterin und Partnerin bei LeitnerLeitner, arbeitete neben dem Studium als Radiomoderatorin und konnte sich lange nicht zwischen den beiden Leidenschaften entscheiden. Schließlich war die Liebe zu Zahlen stärker.

Ständige Weiterbildung, wechselnde Aufgaben – das mache die Branche aus. Der Reiz hat bei Absolventen wirtschaftswissenschaftlicher Studien laut mehreren Untersuchungen in den letzten Jahren aber abgenommen. Für viele Junge zählt das Image des Unternehmens, die Kultur, heute mehr als ein guter Verdienst und Vollgas bis zum Partner. Die Consultingbranche ist auf der Beliebtheitsskala des Trendence Barometer aktuell auf Platz vier, hinter den sogenannten "Fast Moving Consumer Goods" mit Red Bull, der Konsumgüterbranche und den IT-Dienstleistungen. Ist ein Umdenken bei Bewerbern spürbar?

Mehr Flexibilität

Leopold Kühmayer, Steuerberater und Partner bei TPA Horwath, verneint. "Die Anforderungen sind über die Jahre ja gleich geblieben. Noch immer ist es ein sehr spannender Beruf, weil sich viel tut und man nie auslernt." Das ziehe viele Absolventen an. Martin Spornberger, Senior Manager Tax and Legal bei PWC, ortet doch Differenzen. Bei dieser Generation sei der Wunsch nach Visibilität spürbar. Viele würden sich fragen: Was habe ich davon, wenn ich mich zu Tode arbeite? "Da ist es wichtig, die Leute da abzuholen, ihnen zu zeigen, was alles möglich ist. Das ist, glaube ich, ein neuerer Zugang, den es damals, als ich einstieg, nicht gegeben hätte."

Sich bewusst sein, was geht

Da passt auch die Frage aus dem Publikum dazu, wie es mit Familienvereinbarkeit in der Branche aussieht. "Ein wichtiges Thema, auch das hat sich verändert im Laufe der Jahre", antwortet Barbara Polster, Tax Partner bei KPMG. "Es ist vereinbar, wenn alle mitwirken, und man muss auch selber flexibel sein." Arbeitgebern sei heute bewusst, wie wichtig der Pool an Frauen ist, weswegen man hier für die passenden Bedingungen sorge, sagt Stornig. Der Tipp an Studierende: Sich dessen bewusst sein, dass man sehr viel einfordern kann. "Jeder vernünftige Arbeitgeber wird wissen, dass man einen guten Mitarbeiter nicht einfach gehen lässt, sondern ihm bei Wünschen und Anliegen entgegenkommt", sagt Spornberger. "Seien Sie deswegen selbstbewusst."

Tamara Bader, Consultant im Assurance-Bereich und seit einem knappen halben Jahr bei PWC, bestätigt die Freiheit im eigenen Tun. Das habe sie durchaus überrascht. "Die Arbeitszeiten sind relativ flexibel. Wenn sich der Rauchfangkehrer ankündigt, ist es kein Problem, einen Vormittag von daheim aus zu arbeiten." Unerwartet kamen für alle Podiumsteilnehmer auch die große Verantwortung und der Sprung ins kalte Wasser vom ersten Tag an.

Ordnungsliebe statt Chaos

Der Einstieg ins Berufsleben geschieht in der Branche bei vielen noch parallel zur Uni – entweder durch Praktika oder durch Teilzeit, wie im Fall von Kerstin Koppensteiner, Berufsanwärterin in der Steuerberatung bei TPA Horwath. Sie arbeitet dort 35 Wochenstunden und absolviert nebenbei den Master. Als Berufsanwärterin sei sie sehr vielen und unterschiedlichen Aufgaben ausgesetzt, das nächste große Ziel sei natürlich die Steuerprüfung.

Was, außer der steuerlichen oder betriebswirtschaftlichen Ausbildung, braucht man in dem Job? Ein hohes Maß an Ordnungsliebe bzw. einen Hang zum Perfektionismus, ist bei allen Einsteigern herauszuhören.

Auch ohne einschlägige Erfahrung

An der Branche interessierte Studierende sollten jedenfalls ihren Lernstil sehr gut kennen, sagt Koppensteiner, wenn dieser eher chaotisch sei, dann werde man es schwer haben. Ehrlich zu sein habe ihr sehr weitergeholfen, sagt Flora Matkovits, Tax Senior Associate bei KPMG. "Ich habe beim Vorstellungsgespräch gesagt, das interessiert mich alles, aber ich habe keine Vorkenntnisse." Der Einstieg gelinge – mit viel Neugierde und dem Willen, ständig weiterzulernen – auch ohne einschlägige Berufserfahrung. (lhag, 20.5.2016)