Ljubljana – Eine Vereinigung von Veteranen des slowenischen Unabhängigkeitskrieges hat Strafanzeige gegen den ersten Staatspräsidenten Milan Kucan erstattet. Die Veteranen werfen Kucan Hochverrat und Sabotage vor, weil er beim Kampf um die Unabhängigkeit Sloweniens vor 25 Jahren, die Entwaffnung der damaligen slowenischen Truppen nicht verhindert hätte.

Als sich Slowenien 1990 auf die Unabhängigkeitserklärung vom damaligen Jugoslawien vorbereitete, war Kucan Vorsitzende der kollektiven Präsidentschaft der Teilrepublik Slowenien. Am 15. Mai 1990 kam ein Befehl der Jugoslawischen Volksarmee (JNA), dass die slowenische Territorialverteidigung (TO) ihre Waffen an die JNA übergeben müsse. TO waren militärische Formationen, die von jeder Teilrepublik unabhängig organisiert und kontrolliert wurden. Die meisten lokalen TO-Einheiten fügten sich dem Befehl, nur einige Dutzend Gemeinden widersetzten sich. Drei Tage später stoppte die slowenische Präsidentschaft unter Kucans Führung die Waffenabgabe an die JNA.

Die der konservativen Opposition nahestehende "Vereinigung für die Werte der slowenischen Unabhängigkeit" (VSO) wirft Kucan nun vor, die Entwaffnung zu spät gestoppt zu haben. Damit habe Kucan die Unabhängigkeit gefährdet.

Der frühere Staatspräsident weist die Vorwürfe zurück. Sein Gewissen sei rein, sagte er gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Sender "TVS". Er sei über die Entwaffnung der TO damals nicht benachrichtigt worden, erklärte Kucan. Hätte er darüber Bescheid gewusst, hätte er anders handeln können.

Die Vorwürfe gegen Kucan sind nicht neu. Seit Jahren werfen ihm rechtsgerichtete Kontrahenten Landesverrat vor, etwa Ex-Premier Janez Jansa. Vor dem Hintergrund des bevorstehenden 25. Jahrestages der slowenischen Unabhängigkeit sehen Beobachter die jetzige Strafanzeige als einen Versuch, die Verdienste Kucans im Kampf um die Unabhängigkeit zu schmälern. Der frühere Premier Jansa und seine konservative Oppositionspartei SDS sehen in Kucan den Rädelsführer einer postkommunistischen Clique, die bis heute die Fäden im Land ziehe. (APA, 18.5.2016)