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Auch innerhalb seiner Partei war András Schiffer umstritten.

Foto: APA / EPA / Szilard Koszticisak

Der Kovorsitzende und Fraktionschef der ungarischen Ökopartei LMP (Politik kann anders sein), András Schiffer, hat in der Nacht auf Dienstag überraschend seinen Rückzug aus der Politik angekündigt. In einem Interview, das das ungarische Nachrichtenportal index.hu ins Netz stellte, beklagte Schiffer die Erfolglosigkeit der Partei und das fehlende "geistige Kraftfeld", ohne das kein Durchbruch zu erzielen sei.

Dabei hatte die LMP-Saga als Erfolgsgeschichte begonnen. 2008 von dem ehemaligen Menschenrechtsanwalt Schiffer mitgegründet, schaffte die Partei bei den Wahlen 2010 mit 7,5 Prozent der Stimmen auf Anhieb den Einzug ins Parlament. Vor allem jungen und urbanen Menschen erschien sie als echte Alternative zu den Rechtspopulisten, die damals unter Führung von Viktor Orbán die Zweidrittelmehrheit im Parlament errangen, und zum abgewirtschafteten und fragmentierten linksliberalen Lager.

Schiffer war der erste Sprecher der LMP, die auch bei den Europawahlen 2009 und 2014 reüssierte und deren Abgeordnete in Straßburg in der Grünen-Fraktion sitzen. Sein Kurs war nicht unumstritten. War die Äquidistanz zu links und rechts anfangs eine Trumpfkarte, so führte Schiffers dogmatisches Festhalten an ihr zu wachsenden internen Konflikten.

Das führte schließlich 2013 zum Bruch. Die nach links offene Fraktion unter Führung von Benedek Jávor spaltete sich von der LMP ab und gründete die neue grün-liberale Formation Dialog für Ungarn (PM). Für die Wahlen 2014 tat sich diese mit der linksliberalen Partei Együtt (Gemeinsam) zusammen. Nach der Aufkündigung dieser Zusammenarbeit droht dem PM freilich das Absinken in die Irrelevanz.

Aber auch Schiffers LMP musste Federn lassen. Bei der Parlamentswahl 2014 rutschte sie mit 5,4 Prozent gerade noch über die Fünf-Prozent-Hürde. Schiffer verschloss sich nicht nur der Zusammenarbeit mit den linksliberalen Kräften, sondern verschrieb sich auch einer dezidiert antikapitalistischen, globalisierungskritischen und EU-skeptischen Weltanschauung.

Irritierte Parteigänger

Zur Flüchtlingsfrage meinte er kürzlich zur Bestürzung vieler Gesinnungsfreunde, dass "sich dieser unkontrollierbare Strom (an Menschen) nicht mehr mit den klassischen Menschenrechtsinstrumenten bremsen lässt". Weiter führte er diesen Gedanken nicht aus. Schon früher hatte irritiert, dass Schiffer immer wieder im freundschaftlichen Smalltalk mit Politikern der rechtsextremen und rassistischen Partei Jobbik (Die Besseren) fotografiert wurde.

Die LMP nahm den Abgang ihres Alphatieres dennoch mit Bedauern zur Kenntnis. Heute, Mittwoch, wollen die Gremien tagen, um die Nachfolge zu regeln. (Gregor Mayer aus Budapest, 1.6.2016)