Foto: Guido Gluschitsch
Grafik: der Standard
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Der Mustang, das ist kein Schickimicki-, kein Bussi-Tussi-Cabrio, der Mustang, der ist Convertible brutal. Nicht schnieke, sondern erschreckend ehrlich, vielleicht ein Haucherl plebejisch, wie Kollege Strubbe von dem bunten Konkurrenzmagazin es nennen würde. Aber genau das Bodenständige und Kraftvolle hat dem Mustang schon immer seinen Glanz verliehen. Und so macht es auch nichts, wenn man schimpft wie ein Kutscher, an der Tankstelle, wenn der Mustang den Zapfhahn nicht mehr hergeben will. Da muss man seine Rolle spielen.

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Denn natürlich zieht man alle Blicke auf sich, wenn man mit dem sonoren Brabbeln aus der fünf Liter fassenden V8-Sauger-Kehle auf der Tankstelle einfährt. Womöglich ist sogar der eine oder andere eben erst vom Mustang demütigend Überholte auch auf die Tankstelle abgebogen. Vielleicht weniger, um sich an der rauen Schönheit des Wagens zu erfreuen, sondern am entsetzten Gesicht des Tankenden, wenn er sein Geldbörsel zücken muss. Denn die fünf Liter im Titel, die beziehen sich allein auf den Hubraum. Mit dem Verbrauch hat das nichts zu tun. Der Mustang säuft wie seinerzeit Harald Juhnke und Dean Martin zusammen.

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Von mehr als 13 Litern spricht der Normverbrauch. Auf den ersten paar Kilometern in und aus der Stadt waren es weit mehr als 30 Liter, die auf der Uhr standen. Jetzt muss man aber auch sagen, dass sich der Mustang auf den rund 2000 Testkilometern mit zwölf Litern begnügt hat, kurz sogar den Elfer androhte. Und das letzte Auto, das wir unter Normverbrauch fuhren, haben wir spazieren getragen und nicht übers Land bis ins Friaul geprügelt.

Spucks aus!

Obwohl, an der Tankstelle schien es dann doch fast so, als würden mich die 422 Pferde gar nicht bis Italien tragen. Außer, ich gewöhne mich daran, die Zapfsäule mitzuschleppen – was bei dem Verbrauch vielleicht eh die Grundintention des Mustangs war und er deshalb den Zapfhahn nicht mehr hergeben wollte.

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Egal, wie schön "easy fuel" am Tankstutzen steht, du findest ganz schnell eigene Namen für das zugekniffene Loch. Nach fünf Minuten Gezerre derbarmt sich der Mustang dann doch und spuckt den Zapfhahn aus. Beim zweiten Mal ist die gleiche Sache dann weniger aufregend.

Sondertransporter

Ur aufregend hingegen ist es, den Mustang zu fahren. Offen oder geschlossen ist dabei fast so wurscht, wie der Verbrauch des Wagens. Weil das Ami-Schiff fährt man eh nicht jeden Tag in die Arbeit, sondern trägt es höchstens dreimal im Jahr zwischen Hochzeit, Eissalon und Klassentreffen spazieren. Da kommen in der Regel grad einmal ein paar Tausend Kilometer zusammen. Die haben es aber dafür in sich.

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Ehrlicher kann Cabriofahren nicht sein – wenn man halt die amerikanische Sicht vom Autofahren pflegt. Denn der Mustang ist kein leichter italienischer Spider, der einen kleinen Motor mit feinem Leder und schmalen Reifen kombiniert, dass sich manche Frauen mitunter sogar den passenden Nagellack dazu kaufen.

Herrlicher V8-Sauger

Der Mustang ist da eher der Lkw unter den Cabrios. Darum schnalzen die 422 PS aus dem herrlichen V8-Sauger den fast 1,8 Tonnen schweren Wagen auch nicht in drei-Komma-nix Sekunden von null auf hundert. Rund fünf Sekunden dauert der Sprint. Zumindest, wenn man beim Schalten schnell ist und sich dabei kein Astl bricht. Denn auch die Schaltung ist Ponycar-typisch. Und auf die stehen die Amerikaner bei Sportwagen, erklärt uns unser Chef.

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Jetzt mag man glauben, dass sich ein fast fünf Meter langer Koloss nicht agil durch die Kurven des Karstes bewegen lässt. Aber Nüsse. Der Mustang lässt sich über die engen Bergstraßen peitschen, dass einem die Freudentränen in die Ohren rinnen. Lenkung passt, Fahrwerk passt. Brabbel, brabbel. Nicht laut, ohne künstliche Fehlzündungen, sondern ganz pur und ungeschönt. Dazu passt auch, dass man immer die Motorhaube wie eine Art Rahmen im Blick hat. Wie es sich halt für ein echtes Auto gehört. Da macht es dann auch nichts, dass der Innenraum eher in einen Mittelklassewagen als in einen V8-Traumwagen passt. Aber so schaffte es Ford, den Wagen erstaunlich günstig anzubieten. Bei knapp über 50.000 Euro geht es los.

Ford Capri. Jetzt. Bitte.

Mit dem neuen Focus RS, dem GT und nicht zuletzt dem Mustang ist es jetzt also amtlich, dass sich Ford wieder zur Traumwagenschmiede der gnadenlosen Benzinjunkies aufschwingt. Nun fehlt nur noch ein neuer Capri. Nicht Schickimicki oder Bussi-Tussi, sondern Hinterradantriebs-Flunder brutal. Geht schon! (Guido Gluschitsch, 9.6.2016)

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ZWEITE MEINUNG

Der Mustang ist eine echte Angeberschleuder. Aber so schön, so wild, so rau, dass es wirklich Spaß macht. Und auch so günstig – wenn man an vergleichbare Modelle wie Porsche oder an unvergleichbare Modelle wie den Bentley denkt. Dafür sind hier wenig Leder und viel Plastik verbaut. Aber auch das ist eine Lebenseinstellung: weg mit dem Firlefanz, es zählen acht Zylinder und ein grober Spruch. Letztendlich geht es nicht ums Schnellfahren, sondern um den lässigen Ärmel, den man aus dem Wagen reckt. (Michael Völker)