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Der Wiederaufbau Syriens als großes Zukunftsthema auch der Immobilienwirtschaft. Im Bild zerstörte Wohnhäuser in einem Vorort von Damaskus.

Foto: REUTERS/Omar Sanadiki

"Die große Aufgabe für die kommenden Generationen wird der Wiederaufbau Syriens sein", meinte Wolfgang Petritsch, Präsident der Austrian Marshall Plan Foundation, im Eröffnungspanel des Immobilienkongresses Greet Vienna Anfang dieser Woche.

"Parallel zum politischen Prozess der Friedensfindung, der ja von Österreich leider kaum beeinflusst wird, werden wir uns bald darüber Gedanken machen müssen, was wir Europäer dazu beitragen können, um den 12,5 Millionen intern Vertriebenen und den fünf Millionen internationalen Flüchtlingen wieder eine Heimat zu bieten."

Appell an Immobilienwirtschaft

Laut Schätzungen der Weltbank beläuft sich der materielle Schaden des Syrienkrieges auf 100 bis 120 Milliarden US-Dollar. Mehr als acht Millionen Wohnungen und Häuser werden demnach nach Kriegsende dringend benötigt. "Das alles sind gigantische Zahlen", so Petritsch. "Und ich vermisse ein internationales Bekenntnis zur Hilfe, so wie wir das vor 70 Jahren mit dem Marshall-plan erlebt haben." Nicht zuletzt richte sich der Appell auch an die Immobilienwirtschaft.

In vielerlei Hinsicht war die vierte Greet Vienna, die im Palais Niederösterreich über die Bühne ging und wie jedes Jahr phasenweise gegen eine etwas ausgedünnte Besucheranzahl anzukämpfen hatte, außergewöhnlich frisch in den Themen und in der Besetzung der Podien.

Nicht nur Syrien stand auf dem Programm des von Sylvia Foissy veranstalteten Get-togethers, sondern auch die Auseinandersetzung mit neuen Wohnformen, mit neuen Arbeitswelten, mit Pflege- und Gesundheitsimmobilien, mit Crowdfunding, mit Konversion, mit Refurbishment und mit den Auswirkungen von Industrie 4.0.

Reinigungsroboter im Einsatz

"Industrie 4.0 findet bereits statt, und je schneller wir uns mit dieser Entwicklung beschäftigen, desto besser wird das für die gesamte Branche sein", meinte dazu Alexander Redlein, Professor an der TU Wien und Vorstand des Zentrums für Informations- und Facility-Management (IFM), in seiner Rede. "Das Internet der Dinge wird die Immobilien- und Baubranche nachhaltig verändern. Das bezieht sich auf die Planung, auf den Bau, vor allem aber auch auf den Betrieb und die Instandhaltung."

Schon jetzt, meint Redlein, setze man in großen Immobilien Reinigungsroboter ein. Ein Shoppingcenter-Betreiber in Italien habe einen Teil seines Personals bereits gegen Maschinen ausgetauscht, die sogar während der Öffnungszeiten zwischen den Besuchern hindurchmanövrieren. "Langfristig werden wir uns überlegen müssen, wie wir den Entfall von Arbeitskräften im Facility-Management wieder kompensieren können. An dieser volkswirtschaftlichen Neuausrichtung wird kein Weg vorbeiführen."

Eine Evolution steht der Immobilienbranche auch im Gesundheits- und Pflegebereich bevor. Wie sich diese gestalten soll, scheint allerdings noch nicht klar. Während Johannes Wallner, CEO der österreichischen SeneCura Kliniken- und HeimebetriebsgmbH, etwa der Ansicht ist, dass die Lösung der Überalterung der Gesellschaft in großen, zentralen Pflegeheimen zu finden ist, erklärt Stefan Mayer, Managing Director der deutschen CaraVita: "Ich plädiere dafür, das Wohnen in der kleinen Zahl zu fördern. Das ist es, wonach wir uns sehnen. Meine Untersuchungen zeigen: Bereits ab zehn Menschen ist eine dezentrale Pflegeeinrichtung einigermaßen wirtschaftlich zu betreiben."

Frauen in Männerbranche

Highlight der Greet Vienna war ein Panel, das in Kooperation mit dem Verband World Women in Real Estate (WWIRE) abgehalten wurde und an dem auch die österreichische Präsidentschaftskandidatin Irmgard Griss teilnahm.

Die dabei dargelegten Zahlen offenbarten Überraschendes: Laut einer Studie von Grant Thornton liegt Russland mit 45 Prozent Frauenanteil in Führungspositionen weltweit auf Platz 1, während Deutschland mit 15 und Japan mit sieben Prozent das internationale Schlusslicht bilden.

"Und das, obwohl Frauen rund 80 Prozent aller Käufe und großen Erwerbungen tätigen", sagt Janicka Bassis, Moderatorin und Gründerin von WWIRE. "In einigen Staaten der USA werden 92 Prozent aller Miet- und Kaufverträge von Apartments, Häusern und Grundstücken bereits von Frauen unterschrieben." Da hat die – immer noch männlich dominierte – Immobilienbranche viel aufzuholen. (Wojciech Czaja, 3.6.2016)