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HDZ-Chef Tomislav Karamarko (links) wies Rücktrittsaufforderungen zurück und entzog stattdessen Premier Tihomir Orešković (rechts) das Vertrauen.

Foto: REUTERS/Antonio Bronic

Zagreb/Sarajevo – Der Druck auf den Chef der konservativen Regierungspartei HDZ, Tomislav Karamarko, selbst zurückzutreten, nimmt von Tag zu Tag zu. Zuletzt stellten sich kroatische Mitglieder der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europaparlament gegen die Auflösung der Regierung und die Absetzung von Premier Tihomir Orešković. Indirekt war das ein Aufstand gegen Karamarko.

Der Hintergrund: Premier Orešković hatte vergangene Woche den Rücktritt von Karamarko als Vizepremier gefordert, nachdem dieser wegen einer Zahlung an seine Ehefrau, Ana Karamarko, seitens des ungarischen Mineralölkonzerns Mol unter Korruptionsverdacht geraten war und die Koalitionspartei Most ihr Vertrauen in Karamarko verloren hatte. Doch Karamarko wies diese Rücktrittsaufforderung zurück und entzog im Gegenzug dem Premier das Vertrauen. Seitdem herrscht Chaos in dem jüngsten EU-Staat.

Es gibt drei mögliche Szenarien. Erstens: Karamarko tritt zurück und die Regierung arbeitet ohne den Vizepremier weiter. In diesem Fall könnten auch der umstrittene Kulturminister Zlatko Hasanbegović und Karamarkos "rechte Hand", Außenminister Miro Kovać, die Regierung verlassen. Stattdessen könnte der EU-Abgeordnete Davor Stier Außenminister werden. Allerdings ändern sich gerade die Mehrheiten im Parlament: Drei Most-Abgeordnete wollen eine eigene Fraktion gründen.

Zweitens: Karamarko schafft es, andere Mehrheiten im Parlament zu finden, und die jetzige Regierung ist gestürzt. Im Gespräch als Premier statt Orešković ist für diesen Fall der jetzige Finanzminister Zdravko Marić.

Neuwahlszenario

Drittens: Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović ruft Neuwahlen aus, die innerhalb von 60 Tagen stattfinden müssten. Die sozialdemokratische Opposition sammelt bereits Stimmen zur Auflösung des Parlaments. Kommende Woche soll über Oreškovićs Absetzung abgestimmt werden. Der beliebte parteilose Regierungschef hat jedoch die Unterstützung von Grabar-Kitarović. Es kann deshalb sein, dass die HDZ diese Abstimmung ausfallen lässt.(Adelheid Wölfl, 9.6.2016)