Wien – Er bröckelt und schimmelt und müffelt ein bisschen. Aber nichtsdestotrotz: es geschieht immer noch Großes auf dem Wiener Sportclub-Platz in Hernals. Manchmal. Gestern. Also Samstags. Da gewann nämlich ebendort die RU Donau zum 23. Mal die österreichische Staatsmeisterschaft im Rugby. Genauer: zum 23. Mal hintereinander. Eine Serie von weltsporthistorischem Format. Mindestens.

600 laute Menschen erfüllten das alte Gemäuer an der Alszeile mit ganz viel Leben und Vorfreude auf das Finale zwischen dem Titelverteidiger und Herausforderer Vienna Celtic RFC. Eine stolze Kulisse für das älteste und brisanteste Derby in Österreichs Rugbysport. Die Ausgangslage war an Unzweideutigkeit kaum zu überbieten, alles andere als ein mehr oder weniger deutlicher Donau-Triumph würde ein revolutionäres Ereignis konstituieren. Das Team aus dem zweiten Wiener Gemeindebezirk hatte in der Liga alle seine Matches souverän gewonnen, während Celtic die Form in den letzten Wochen abhanden gekommen war. Selbst die Playoff-Teilnahme in der Alpine Rugby Competition im Herbst ist nicht gesichert.

Die Gefühlslage der Kulisse, bunt gemischte Anhängerschaften auf den Holzbankerln der Haupttribüne, fand, nachdem die Klänge einer Pipe Band verhallt, und der Anpfiff erfolgt war, auf dem Feld eine nahtlose Fortsetzung. Die Rivalität zwischen den Teams war mit Händen zu greifen, es ging, wie man so sagt, zur Sache. Fair, aber hart.

Rangeln um den Rugbymeisterpokal.
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Celtic brach los, wie von der Tarantel gestochen. Unbedingtes Wollen auf der Basis einer emotionsbefeuerten Dampfmaschine sollte die Selbstsicherheit des Favoriten ins Wanken bringen. Die Kreativ-Abteilung rund um Donau-Flyhalf Yvan Wever sah sich denn auch einer aggressiven Vorwärtsverteidigung ausgesetzt, die auch nicht durchhing, nachdem Center Michael Kerschbaumer die Leopoldstädter mit einem Try in Führung gebracht hatte (15.).

Bei den neutralen Beobachtern, zwei oder drei werden es schon gewesen sein, wanderte im weiteren Verlauf der ersten Halbzeit die ein oder andere Augenbraue ob des Geschehens Richtung Denkerstirn. Der vermutete Einbruch Celtics fand nämlich nicht statt, im Gegenteil. Mit physischer Präsenz, harten Bandagen und einem wunderbar funktionierenden Running Maul konnte das Spielgeschehen zusehends in die Spielhälfte Donaus verschoben werden. Sogar Stiig Gabriel, dem Sportdirektor des Titelverteidigers, war nun ein Anflug von Unrundheit anzumerken. Er war schon im Vorfeld der Partie vorsichtig geblieben: "In 80 Minuten kann viel passieren."

Was passierte, war, dass Celtic in den letzten Minuten vor Seitenwechsel seinem ersten Try ziemlich nahe kam, Donau aber genau da fast schon vorentscheidend zuschlug. Wever fing einen Pass des Gegners ab, initiierte einen Konter. Gordon Chiu finalisierte den zweiten Versuch, Max Navas kickte die Conversion. 14:0. Pause.

Nach Wiederbeginn änderte sich am Charakter des Spiels nichts Grundsätzliches. Donau blieb strukturierter, war besser organisiert und effizient. Selbst in Unterzahl, der Schweizer Referee Matt Sandell hatte zwei Gelbe Karten gezückt, konnte die Anzeigetafel in Tätigkeit gehalten werden. Alex Radomirov ging zum dritten Try über die Linie. Doch auch jetzt, bei einem Stand von 19:0, wirkte nichts wirklich einseitig. Tempo und Intensität blieben hoch. Schließlich konnte Celtic aus seiner personellen Überzahl doch noch Kapital schlagen, Daniel Walker verkürzte nach mehreren Angriffsphasen auf 5:19. Verdiente erste Punkte.

Aber natürlich blieb die Butter auf Donaus Brot. Zu gefestigt ist dieses Team, als dass es sich etwa mir nichts, dir nichts einen Umschwung würde aufs Auge drücken lassen. Im Gegenteil drückte man selbst noch einmal an. Sebastian Freydell sorgte in der 65. Minute mit dem 24:5 für die wirklich endgültige Klärung der Sachlage. In der Schlussminute war es Mushegh Aslanyan immerhin vergönnt, dem Außenseiter ein versöhnliches Ende zu bescheren: Zweiter Versuch, finales Resultat 24:12. Ein herrliches Stück Amateursport ging zu Ende. Verbrüderung auf dem Feld und auf den Rängen, ehe der Abend länglich und feuchtfröhlich austrudelte. (Michael Robausch, 12.6. 2016)

Die Kulisse.
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Die Sieger.
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