Tomislav Karamarko zog am Mittwoch die Notbremse.

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Zagreb/Sarajevo – Nach dem Rücktritt von Tomislav Karamarko als Vizepremier am Mittwoch will das Präsidium seiner Partei HDZ Donnerstag im Parlament über einen Misstrauensantrag gegen den parteiunabhängigen Premier Tihomir Orešković abstimmen. Doch einige HDZ-Abgeordnete sind dagegen, weil dies das Ende der Regierung bedeuten würde. Nun kommt es auch auf die oppositionellen Sozialdemokraten an, ob sie dem Misstrauensantrag zustimmen oder nicht. Denn die Stimmen der HDZ reichen nicht für eine Absetzung von Orešković. Der Chef der Sozialdemokraten, Zoran Milanović, sprach sich für Neuwahlen aus.

Offensichtlich will aber Karamarko die Koalition zwischen HDZ_und Most, die seit Jänner besteht, beenden. Er hatte bis zum Schluss gehofft, dass er ohne Gesichtsverlust aus der Affäre um 60.000 Euro, die an seine Ehefrau gezahlt wurden, herauskommt. Doch am Mittwoch bestätigte die Kommission für Interessenkonflikte, dass Karamarko in einem solchen stand, weil seine Frau, Anna Karamarko, für eine Lobbyfirma des ungarischen Erdölkonzerns Mol gearbeitet hat.

Rücktritt vor Abstimmung

Kroatien hatte ein Schiedsverfahren mit dem Konzern am Laufen. Die Kommission urteilte nun, dass private Interessen in der Causa seine Arbeit in der Regierung beeinflussen könnten. Karamarko will nun das Urteil der Kommission beim Verwaltungsgericht anfechten. Wenn er nicht zurückgetreten wäre, hätte bis Samstag das Parlament über einen Misstrauensantrag gegen ihn abstimmen müssen. Karamarko fürchtete offenbar, dass er diesen politisch nicht überleben würde.

Der HDZ-Chef versucht bereits seit Wochen, die Regierungskrise anderen Akteuren zuzuschieben, und forderte auch am Mittwoch den Rücktritt der gesamten Regierung, insbesondere von Most-Chef und Vizepremier Božo Petrov und von Orešković. Die HDZ_hatte Orešković das Vertrauen entzogen, weil dieser den Abgang von Karamarko verlangt hatte. Orešković forderte am Mittwoch von allen "Verantwortung und Geduld" ein. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die HDZ_und Most die Schwierigkeiten überwinden können und die Regierung weiterarbeiten kann.

Präsidentin ohne Leadership

Auffällig ist, dass Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović im Gegensatz zu ihren Ankündigungen keine maßgebliche Rolle in der Lösung der Krise spielt. (Adelheid Wölfl, 15.6.2016)