"Welche Drogen nehmen Sie und wie oft?"

"Von wem haben Sie Ihre Drogen?"

"Würden Sie natürliches Cannabis für synthetische Drogen eintauschen?"

Es ist ein seltener Einblick, den die Global Drug Survey 2016 in die Welt der Drogenkonsumenten bietet. Etwa 100.000 Befragte haben einem britischen Wissenschafterteam mitgeteilt, was sie schnupfen, spritzen, schlucken oder rauchen. Aus den Antworten leiten die Forscher Empfehlungen ab, wie Drogen mit weniger Risiko konsumiert werden können. Zwei ihrer Haupterkenntnisse:

  • Der Konsum synthetischer Cannabinoide ("Spice", "Yucatan Fire", "Zoom") führt häufiger zu medizinischen Notfällen als alle anderen Drogenarten.
  • Immer öfter werden Drogengeschäfte über Marktplätze im Darknet organisiert und abgewickelt.

Unter den Studienteilnehmern war der Konsum von Alkohol (92 Prozent) am weitesten verbreitet, gefolgt von Cannabis (63 Prozent) und Tabak (59 Prozent). Weniger häufig, aber von den Forschern als am gefährlichsten eingestuft: der Konsum synthetischer Cannabinoide (SCs). 8.600 Studienteilnehmer haben damit Erfahrungen gemacht. Von denen, die wöchentlich eine der vielen verfügbaren Mischungen konsumieren, hat jeder Achte selbst einen medizinischen Notfall hinter sich – mehr als bei Alkohol, Kokain und Ecstasy.

Bild nicht mehr verfügbar.

ap / rolf vennenbernd

Mischungen wie "Spice" in Österreich verboten

Im Vergleich zu natürlichem Cannabis schätzen die Wissenschafter das Risiko eines medizinischen Notfalls mit synthetischen Cannabinoiden als 30-mal höher ein. Den Titel als "gefährlichster Drogentyp" erhielten synthetische Cannabinoide bei der Studie zum vierten Mal in Folge. Die Daten für einzelne Länder unterscheiden sich dabei stark. In manchen Ländern gibt es einen unregulierten Markt für die "Legal Highs", manche Länder schreiten mit Verboten ein. In Österreich sind Mischungen verboten, die das künstliche Cannabinoid JWH-018 enthalten. Davon ist beispielsweise "Spice" betroffen.

Eine Gruppe besonders gefährdet

Studienleiter Adam Winstock sieht besonders eine Gruppe beim Konsum synthetischer Cannbinoide gefährdet: jene, die bereits ein schweres Drogenproblem und zudem persönliche und soziale Probleme haben. "Der Verkauf von SCs wirft für Händler trotz des niedrigen Verkaufspreises hohe Gewinne ab. Außerdem werden SCs bei Drogentests nicht erkannt", erklärt sich Winstock die steigende Popularität. Im Vergleich zu den Konsumenten von Cannabis waren die SC-Konsumenten in der Studie häufiger männlich, jung und schlechter ausgebildet. Nutzer berichten davon, dass sie

  • schneller eine Toleranz für die Droge aufbauen, also immer höhere Dosen für ein High benötigen,
  • immer kürzere Rauschzustände erleben sowie
  • schneller körperliche Entzugserscheinungen haben.

Entgegen der verbreiteten Annahme, dass synthetische Cannabinoide von den Konsumenten als harmlos angesehen würden, weil sie legal seien, sind sich die meisten der Risiken und Nebenwirkungen durchaus bewusst.

Verfügbarkeit wichtiges Konsummotiv

Zwei Gründe sind nach Erkenntnissen der Wissenschafter für die steigende Popularität maßgeblich: Kunden kommen so billig zu einem Rausch. Außerdem können die Substanzen einfach über Onlineplattformen bestellt werden.

Silk Road offline, Handel geht weiter

Das spiegelt sich auch in der gestiegenen Nutzung von Marktplätzen in durch technische Maßnahmen anonymisierten Teilen des Internets wider. Solche Darknets verschleiern die IP-Adressen der Teilnehmer, wodurch Anbieter und Käufer ihre Geschäfte anonym abwickeln können. Der Zahlungsverkehr kann über die digitale Währung Bitcoin erfolgen.

Bild nicht mehr verfügbar.

ap

Trotz mehrerer Schläge gegen Drogenumschlagplätze wie die Plattform Silk Road, deren Betreiber vor zwei Jahren festgenommen wurden, und deren Nachfolger hat sich der Anteil der Drogenkonsumenten, die über Darknet-Marktplätze an ihre Drogen kommen, in der Global Drug Survey erhöht. Beispielsweise haben 18 Prozent der Teilnehmer aus Großbritannien in den vergangenen zwölf Monaten über einen der Darknet-Marktplätze Drogen gekauft.

Mehr Auswahl, mehr Vielfalt im Konsum

Generell habe der Handel über das Internet laut der Studie zugenommen. Auch über soziale Netzwerke werde ein immer größerer Teil der Drogengeschäfte organisiert. Am häufigsten werden MDMA (Amphetamin), Cannabis und LSD bestellt. Viele gehen aufgrund der verfügbaren Auswahl dazu über, mehr verschiedene Drogen zu konsumieren.

Was treibt die Studienteilnehmer zum Drogenkonsum?

Antrieb zum Konsum ist die Suche nach Vergnügen und Genuss. "Die meisten Menschen, die Drogen nehmen, sind keine Idioten. Sie wollen ihr Leben nicht ruinieren", sagt Winstock. Deshalb will der Suchtexperte mit Aufklärung und Prävention die Gefahren des Drogenkonsums senken und erstellt Handlungsempfehlungen für Drogenpolitik und Anleitungen, wie beispielsweise mit unbekannten Drogen umgegangen werden sollte.

Neue Umfrage lanciert

Aktuell erheben die Forscher in einer Fünf-Minuten-Umfrage Daten zu Psychedelika, dem Dampfen von Drogen, Einrichtungen zur Drogenprüfung und dem Verhalten in Notsituationen. Die Ergebnisse werden im November publiziert. (Gerald Gartner, 16.6.2016)

Hier könnten Sie Ihre Erfahrungen mit Drogen anonym teilen.