Traineeships sind aufwendig, aber eine Chance für Führungsnachwuchs.

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"Was ein Programm nicht sein sollte, ist ein schlecht bezahlter Job mit der Etikette Traineeship", sagt Markus Latzke. Unter anderem betreut er an der WU Wien wissenschaftliche Arbeiten zum Thema Traineeship.

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Rund zehn Prozent der Absolventen seiner Universität entscheiden sich für ein Traineeprogramm: Markus Latzke, Assistenzprofessor an der Wirtschaftsuni Wien, über die Vor- und Nachteile dieser Variante des Berufseinstiegs.

STANDARD: Wieso schicken Unternehmen Hochschulabsolventen durch ein Trainee-programm und stellen sie nicht direkt ein?

Latzke: Da geht es erst einmal darum, die Unsicherheit zu reduzieren, für beide Seiten. Die Unternehmen wollen die Bewerber kennenlernen und umgekehrt. Die Organisationen stellen den Trainees auch einen Rahmen zur Verfügung, um zu lernen.

STANDARD: Hat man nach fünf Jahren Studium und mehreren Praktika nicht genug gelernt?

Latzke: Gelernt hat man sicher einiges, aber meist eher generalistische Kompetenzen. Die konkrete Organisation kennt man nicht. Im Traineeprogramm oder in der "Traineeship" lernen Absolventen die Unternehmenskultur kennen, erleben, wie Entscheidungen ablaufen. Aus meiner Sicht zeigen Unternehmen mit solchen Angeboten, dass sie bereit sind, Neueinsteiger zu unterstützen. Das ist natürlich nicht ganz selbstlos: Traineeships sind auch Employer-Branding. Und: Unternehmen können Talente längerfristig binden.

STANDARD: Spielt auch eine Rolle, dass Firmen Trainees weniger bezahlen müssen?

Latzke: Das glaube ich nicht. Trainees verdienen weniger, ja, aber das Aufsetzen eines solchen Programms ist auch eine große Investition für die Unternehmen.

STANDARD: Wie viel Gehalt kann man sich erhoffen?

Latzke: Die Faustregel ist: Je größer die Organisation, desto besser wird bezahlt. Und bei den Branchen gilt wie bei generellen Gehaltsunterschieden: In Tourismus, Medienbranche und öffentlichem Dienst gibt es weniger als in Elektrotechnik, Bauwesen oder dem Bankensektor. Aber das Gehalt sollte nicht der einzige Entscheidungsgrund für oder gegen eine Traineeship sein. Denn man bekommt darin wichtige Einsichten geboten, und die sind nicht mit Geld aufzuwiegen.

STANDARD: Ist überall Trainee drin, wo Trainee draufsteht?

Latzke: Der Begriff "trainee" verweist im englischsprachigen Raum zunächst auf eine Person, die sich in Ausbildung befindet. Im deutschsprachigen sind damit meist Hochschulabsolventen gemeint, der Führungsnachwuchs. Es gibt auch Synonyme wie "Graduate Programme" oder "Nachwuchsprogramm". Was ein Programm jedenfalls nicht sein sollte, ist ein schlecht bezahlter Job mit der Etikette Traineeship. Es lohnt sich daher, genauer zu schauen, was einem geboten wird. Einen Anhaltspunkt bieten Gütesiegel wie der Traineenet-Award.

STANDARD: Was sind Qualitätskriterien für Programme? Worauf sollte man bei der Auswahl achten?

Latzke: Das eine ist die Dauer – eine passable Länge sind zwölf bis 18 Monate. Dann kann man sich noch ansehen, wie viele Stationen man im Unternehmen durchlaufen soll – vier für jeweils drei Monate ist eine gute Lösung. Entscheiden kann man auch nach den Inhalten der Seminare, die Teil der Ausbildung sind. Oder nach der Flexibilität des Programms, den Möglichkeiten zur Vernetzung – gibt es Expertenvorträge oder Treffen mit dem Vorstand? – oder den Optionen, ins Ausland zu gehen.

STANDARD: Welche Rolle spielen Mentoren und Mentorinnen?

Latzke: Eine große. Sie geben Feedback und helfen Jobeinsteigern, ihre Selbstwirksamkeit, Rollenklarheit und soziale Akzeptanz zu erhöhen. Mentoren sollten aber nicht direkte Vorgesetzte sein, da so noch offener nachgefragt werden kann. Unternehmen sollten auch Ressourcen für Mentorenprogramme zur Verfügung stellen. Denn beide, Mentoren und Mentees, profitieren davon.

STANDARD: Wie kann man Traineeprogramme am besten nutzen?

Latzke: Indem man bereit ist zu lernen, ohne die Angst, Fehler zu machen. Ein zweiter bedeutender Punkt ist, zu zeigen, was man kann. Trainees sollten sich außerdem um Netzwerke bemühen, untereinander, aber auch in obere Unternehmensetagen. Ganz wichtig sind sogenannte Weak Ties: Kontakte zu Personen, die man vielleicht nur einmal gesehen hat, aber deren Namen man kennt. Sie können einem in der späteren Karriere oft weiterhelfen.

STANDARD: Können Trainees mit einem adäquaten Posten im Anschluss rechnen?

Latzke: Ja. Denn es war eine große Investition, ein großer Aufwand. Die Firmen haben in der Regel Interesse daran, gute Leute, die sie ausgebildet haben, zu behalten. Ich glaube aber, dass es wichtig ist, den Übergang von der Traineeship zum richtigen Job gut zu gestalten. Eine Gehaltssteigerung sollte es auf jeden Fall geben. Sinn macht es auch, wenn Firmen Trainees auf dem Weg vom strukturierten Programm in einen offenen Job mit verantwortungsvollen Aufgaben weiterbegleiten. (Lisa Breit, 20.6.2016)