Bei Lukas T. war es ein Pausenphänomen. Sämtliche Kaffeetassen, die sich in seiner Umgebung befanden, schubste er um. So sehr er sich in Acht nahm, früher oder später erwischte sein Ellbogen eine neue Tasse. Er könne nichts dafür, ehrlich. Kein Ding, lautete die Antwort einhellig. Man wollte ja kein Unmensch sein, obwohl man sich schon seine Gedanken machte. Zwangshandlung und so.

Nach Lukas T. erwischte es Fiona S. Bei ihr war es ein Bürotischphänomen: Jedes Blatt Papier in Reichweite nieste sie an. Etwas lästig, aber man übte sich auch in ihrem Fall in Nachsicht. Nachdem Melek Ö. mit dem jähen Auflachen an den falschen Stellen und Lehrling Florian A. mit der Furzerei in den unpraktischsten Momenten begonnen hatten, blieb nur noch Sascha L. Aber so fest er es sich auch wünschte, nichts geschah. Wenn er seinen Stand in der Gruppe halten wollte, musste er etwas tun, und zwar schleunigst.

Also fing er an, den Kolleginnen und Kollegen nicht vorhandene Fussel von den Schultern zu pflücken. Doch man merkte, dass das nicht echt war. Sascha L. wiederum merkte, dass man merkte, und verbrachte seine Pausen fortan auf der Toilette. An dem Tag, als er befördert wurde, schloss er sich zum letzten Mal in eine der Kabinen ein. Er wurde seither nie mehr gesehen. (Jens Steiner, Album, 17.6.2016)