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Vor dem Besuch auf Lesbos erhielt Ban Ki-moon von Griechenlands Premier Alexis Tsipras eine Schwimmweste.

Foto: Reuters/Baltas

Calais/Dover/Athen – UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon hat den Umgang der Griechen mit der Flüchtlingskrise gelobt. Er sei dankbar für die Solidarität und Großzügigkeit, die Griechenland gegenüber den Flüchtlingen zeige, sagte Ban am Samstag nach einem Treffen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras in Athen.

Wie griechische Medien weiter berichteten, bat Tsipras den UNO-Generalsekretär, dass die Vereinten Nationen ihren Einfluss geltend machen, damit der EU-Flüchtlingspakt mit der Türkei weiterhin Bestand hat.

"Wir haben (mit dem Pakt) eine schwierige Einigung erzielt und kämpfen darum, dass sie beibehalten wird. Wir haben es damit geschafft, die Flüchtlings- und Migrationsströme und die vielen Todesfälle in der Ägäis zu stoppen", sagte Tsipras dem Fernsehsender Skai zufolge.

Ban gegen Internierungen

Ban hat ein sofortiges Ende der Flüchtlingsinternierungen in Griechenland gefordert und damit ein Kernelement des umstrittenen EU-Türkei-Deals angegriffen. "Internierungen sind keine Lösung, das muss sofort aufhören", sagte Ban am Samstag bei einem Besuch auf der griechischen Ägäis-Insel Lesbos, wo Migranten vor ihrer Rückführung in die Türkei festgehalten werden.

Europa solle der Flüchtlingskrise "auf humane Weise, und inspiriert von den Menschenrechten" begegnen, forderte der südkoreanische Diplomat. Seit dem 20. März gilt ein Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Türkei, wonach alle in der Ägäis aufgegriffenen Migranten nach einem Schnellverfahren wieder in die Türkei zurückgebracht werden. Für jeden syrischen Kriegsflüchtling, der zurückgeführt wird, will die Europäische Union einen Syrer aus der Türkei aufnehmen.

Ban besuchte das Registrierzentrum auf Lesbos, um sich an Ort und Stelle ein Bild von der Lage zu machen. Am Freitagabend kam es dort bereits zu Protesten. Rund zwei Dutzend Menschen hatten Matratzen und einen Wohncontainer angezündet, um im Vorfeld des Besuchs von Ban gegen die ihrer Ansicht nach schlechten Lebensbedingungen im Aufnahme- und Abschiebelager Moria zu protestieren.

Frontex rechnet mit 300.000 Flüchtlingen

Die europäische Grenzschutzagentur Frontex schätzt unterdessen, dass in diesem Jahr rund 300.000 Flüchtlinge per Boot aus Libyen über das Mittelmeer in die EU kommen. Das berichtet die "Bild"-Zeitung (Samstag) unter Berufung auf Angaben von Frontex-Direktor Klaus Rösler, den Leiter der Abteilung Einsätze.

"Wir gehen von 10.000 Ausreisen pro Woche aus Libyen aus", wird Rösler von dem Blatt zitiert. Eine der Ursachen für die hohe Zahl von Menschen auf dieser Flüchtlingsroute sei auch die intensivere Überwachung und Seenotrettung durch die EU. Dies verleite Schlepper, "noch ungehemmter" Flüchtlinge auf die gefährliche Reise zu schicken, da sie von der EU gerettet würden. "Das löst Ausreisen aus", so Rösler.

Chaos in Calais

Im Hafen von Calais haben Flüchtlinge versucht, schwimmend auf die Fähren von Frankreich nach Großbritannien zu gelangen. Wegen einer Rettungsaktion wurde der Fährverkehr in der Nacht auf Samstag vorübergehend gestoppt, wie Rettungskräfte mitteilten.

Die Flüchtlinge waren demnach kurz nach 02.00 Uhr auf dem Weg zu den Verladestegen der Autofähren im Wasser entdeckt worden. Ein Flüchtling erreichte selbst das Ufer, ein zweiter wurde von einem Rettungsboot geborgen.

An der Rettungsaktion waren Boote von Hafen- und Zollbehörden, Fischkutter, Rettungsschwimmer und ein Helikopter der französischen Marine beteiligt. Der Hafen war eineinhalb Stunden lahmgelegt. Alle Fähren nach England blieben vorerst im Hafen, auch auf der anderen Seite des Ärmelkanals in Dover mussten Schiffe warten.

Tausende Flüchtlinge campieren seit Jahren in einem Lager bei Calais an der Küste des Ärmelkanals, um zu versuchen, auf Lastwagen oder Fähren nach Großbritannien zu kommen. In dem für miserable Zustände bekannten "Dschungel" von Calais halten sich nach Behördenangaben derzeit noch knapp 4.000 Menschen auf, vor allem aus Afghanistan und dem Sudan. (APA, red, 18.6.2016)