Foto: Andreas Stockinger
Grafik: der Standard
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Wien – Le Grand Bleu. An Luc Bessons Taucher-Kultfilm von 1988, mit dem jungen Jean Reno als Enzo, fühlte sich der Standard-Tester bei Übernahme des Mégane GT erinnert. Tolles Blau! Damit man das nicht vergisst, wenn man drinnen sitzt, ist das Thema dort fortgeführt: vom blauen Hintergrund fürs GT-Logo im Volant über blaue Carbonlook-Zierleisten und Nähte auf schwarzem Grund bis zur LED-Ambiente-Beleuchtung; ja selbst die fix an der Lenksäule stehenden Schaltwippen sind mit einem blauen -/+ versehen.

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Mmm. Sehr geschmackvoll (lediglich unterhalb der primären Sichtebene finden sich dann Materialien, die auf dem Hartplastikbaum wachsen), und bevor wir uns im blauen Rausch der Tiefe verlieren, widmen wir uns der eigentlichen Aufgabe, derentwegen uns Renaults derzeitige sportliche Mégane-Speerspitze schließlich anvertraut wurde: testen.

Optischer Aufputz

Dazu gehen wir erst noch einmal außen rum und setzen uns dann rein. Dezente Spoiler vorn, Doppelauspuff hinten – und die erste Peinlichkeit: Das sieht zwar cool aus und nach Sportlichkeit, einer der beiden ist aber blind und nur optischer Aufputz.

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Innen knackige Sportsitze, die bei der Seitenführung halten, was sie versprechen, aber nicht so eng geschnitten sind, dass nur dünne Heringe wie Enzo und sein Kumpel Jacques reinpassen, sondern auch der heutige Reno mit seinen zusätzlichen Jahresringen oder die Mama, die man zum Muttertag ins schöne Regensburg entführt.

Fetzen und Lumpen

Kurzbesuch auch im Schloss Thurn und Taxis, dann kulinarische Einkehr beim Kneitinger. Am Schloss war die Fahne gehisst, die Fürstin folglich daheim. "Hängt der Fetzen heraußen, sind die Lumpen drin", hat der Volksmund früher gesagt. Analogieschlüsse zur heutigen Politik (z. B. Fahnen am Parlament): strikt untersagt.

Wir schweifen ab? Mitnichten. Weiland bedachte Kaiser Maximilian I. die Herren von Taxis mit dem Postmonopol, und schnelle Post und Mégane GT, da finden die Handlungsstränge wieder zusammen: Auf der deutschen Autobahn ließen wir den GT fliegen, 200, 220 Sachen, und er gab sich souverän. Spurtreu, trotz Straffheit durchaus komfortabel; dank Allradlenkung 4control wirkt der GT wendig und wieselflink.

"Iron-Blau" nennt Renault die Spezial-Metallisée-Lackierung. Macht den Mégane GT schon optisch schnell und legendär.
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Leistungsmäßig positioniert Renault den GT mit 205 PS ins Nahumfeld des Golf GTI (220 und 230 PS), was uns ein paar Vergleichsmöglichkeiten gibt. Statt auf 2,0 Liter Hubraum setzt Renault auf 1,6, beide sind Turbos, beide gibt es mit Doppelkupplungsgetriebe. Normtestzyklisch liegen sie auch gleichauf: 6,0 l / 100 km. Und im echten Leben? Mit 8,5 l / 100 km (nur der forcierte Ritt in Germanien trieb den Wert kurzfristig auf 9,5) lag der Renault ebenfalls exakt auf dem beim letzten 230-PS-GTI-Test eingefahrenen Wert.

Sound und Spurt

Spaßfaktor? In beiden Fällen enorm. Die Maschine im GT wirkt wunderbar spurtfreudig, und jetzt kommt das erste Minus: Motorsound. Anders als der kernig-sonore GTI klingt der GT eher dünn, zu hochfrequentig, emotionsarm. Klar, bei 1,6 l Hubraum wird das nicht einfach sein, ein Placebo Domingo, oder wie der Bursche heißt, hat halt mehr Resonanzvolumen als ein Wiener Sängerknabe.

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Und dann zieht und zerrt der GT in der Lenkung wie junge Pferde am Zügel. Mag sein, ein Beleg für Temperament, aber andere lösen das besser. Oder der adaptive Tempomat. Dass der nur zwischen 50 und 140 km/h arbeitet, muss man nicht verstehen. Dann das Bediensystem. Bekanntlich hat Renault radikal umgestellt auf dieses hochgestellte Tablet mit Touchscreen. Nett. Nur. Wer bitteschön hat sich diese Autozoomfunktion beim Navi ausgedacht, aus der es kein Entrinnen gibt?

Aber pfeif drauf. Ist der GT doch fahrdynamisch ein richtig lässiger Neuzugang. Und dieses Blau! Le grand bleu! Damit tauchen wir unter bis nächsten Freitag ... (Andreas Stockinger, 18.6.2016)