Armans Mirbeau (Sommerarena-Hausherr Sebastian Reinthaller) ist es, der am Ende das Herz der schönen Frasquita erobern kann.

Foto: Christian Husar

Baden – Seit 110 Jahren schmiegt sie sich elegant an den bewaldeten Rücken des Kurparks: die Sommerarena Baden. Heuer klappern die Kastagnetten aus dem kleinen Orchestergraben dieses stimmungsvollen Ortes für seliggestriges Musiktheater, denn Franz Lehárs Operette Frasquita (1922) steht auf dem Spielplan.

Die Titelfigur des Werks ist eine Seelenverwandte von Bizets Carmen: eine so sinnliche wie selbstbewusste Roma-Frau, die ein selbstbestimmtes Leben zu führen versucht. Und – im Gegensatz zu Carmen – gelingt ihr dies auch: Am Ende sind Frasquita und der gutbürgerliche Lebemann Armand Mirbeau ein Paar. Operette, die große Kunstform der Utopie.

In Baden gibt die bildschöne Bibiana Nwobilo die Titelfigur, sie tut dies auf eher entspannte Art: die stolze spanische Roma-Tänzerin als traumverlorene Grande Dame. Die Sopranistin beschenkt das Publikum dabei mit Spitzentönen, wie man sie an der Wiener Staatsoper nicht schöner zu hören bekommt: rund, satt, mächtig und von edlem Glanz. Nur spricht die in Kärnten aufgewachsene Sängerin leider wie bei einer Leseprobe im Schülertheater.

Anschmachten und beglücken

Selbstverständlich ist es – wie schon vor zwei Jahren an selber Stelle bei Lehárs Giuditta – Hausherr Sebastian Reinthaller, der die Schönste, Begehrteste des Abends anschmachten und küssen darf und schlussendlich auch kriegt. Der künstlerische Leiter der Bühne Baden bekommt bei seinem Werben des Weiteren wiederholt Gelegenheit, das Publikum mit seinem elastischen Tenor zu beglücken.

Dieses gackert am Premierenabend grundsätzlich recht beglückt bei alldem kunterbunten Treiben, das Anette Leistenschneider hier virtuos inszeniert hat. Seien es Sieglinde Feldhofer und Thomas Mailk als komisches Paar Dolly Girot und Hippolyt Gallipot, sei es Stimmungskanone Rupert Bergmann als Dollys Papa Aristide: Die Formulierung "überdreht" ist für dieses Knallchargieren noch eine Untertreibung.

Der Chor (Ltg.: Michael Zehetner) singt lautsark und spielt fulminant, die Choreografien (Marcus Tesch) sind witzig, und Franz Josef Breznik leitet das Orchesterchen der Bühne Baden mit entspannt-beschwingter Hand. Nur das Bühnenbild ist ein buntes Grauen: Verglichen mit Ausstatterin Roswitha Wilding-Meisel ist Friedensreich Hundertwasser ein Fischer von Erlach des 20. Jahrhunderts. Begeisterung für alle. (Stefan Ender, 21.6.2016)