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Letzter Kuss: Illustration zweier massereicher Sterne, die einander gefährlich nahe gekommen sind. Aus ihnen könnten zwei Schwarze Löcher entstehen.

Illustr.: APA / EPA / Cioni / VISTA Magell

Diese Computersimulation zeigt jene Kollision zweier Schwarzer Löcher, die zur ersten Messung von Gravitationswellen führte.

Caltech Ligo

Warschau/Wien – Die Gravitationswellen-Astronomie nimmt immer mehr Fahrt auf. Erst vergangene Woche gab ein internationa- les Wissenschafterteam der Forschungskollaboration Ligo in den USA bekannt, zum zweiten Mal jene Störungen der Struktur von Raum und Zeit gemessen zu haben, die Albert Einstein vor 100 Jahren in der allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt hatte.

Wie schon bei der ersten Messung im September 2015, deren Veröffentlichung heuer im Februar Aufsehen erregte, stammten die Gravitationswellen von der Kollision zweier Schwarzer Löcher. Das weiß man, weil die gemessenen Signale von weit größeren Massen stammen müssen, als sie Neutronensterne oder Weiße Zwerge aufweisen können.

Zwei helle Sonnen

Nun legen Forscher um Krzysztof Belczynski (Universität Warschau) und Daniel Holz (Uni- versity of Chicago) in "Nature" ein hochpräzises numerisches Modell zur Evolution binärer Schwarzer Löcher (einander umkreisender Schwarzer Löcher) vor – von der Zündung der Kernfusion in Doppelsternen über deren Kollaps bis zu Entstehung und Werdegang Schwarzer Löcher.

Daraus berechneten die Wissenschafter die Vorgeschichte jener beiden Schwerkraftgiganten, deren Verschmelzung die ersten je gemessenen Gravitationswellen zur Erde schickte. Demnach waren diese Schwarzen Löcher aus zwei massereichen Sternen entstanden, die einst 40 bis 100 Sonnenmassen aufwiesen. Die Biografie dieses Doppelsterns sieht Belczynski und Holz zufolge am ehesten so aus: Rund zwei Milliarden Jahre nach dem Urknall entstanden, dürfte das Sternsystem unter den hellsten im Universum rangiert haben. Nach einer "kurzen" Lebensdauer von etwa fünf Millionen Jahren kollabierten die beiden Sterne und transformierten sich in Schwarze Löcher, die einander fortan immer enger umkreisten.

Nach etwa 10,3 Milliarden Jahren war es schließlich so weit: Die beiden Schwarzen Löcher, nunmehr mit 29- beziehungsweise 36-facher Sonnenmasse, kollidierten und verschmolzen zu einem einzigen Giganten mit 62 Sonnenmassen. Drei Sonnenmassen an Energie wurden bei diesem Ereignis in Form von Gravitationswellen abgestrahlt – und sorgten für das deutliche Signal an den beiden Ligo-Observatorien bei Livingston (Louisiana) und in Hanford (Washington).

Verringertes Rauschen

Ebendort arbeiten Wissenschafter gerade auf Hochtouren an der Verfeinerung ihrer Instrumente. Forscher des Massachusetts Institute of Technology in Cambridge und der Australian National University in Canberra berichten aktuell im Fachblatt "Optica" von einem weiteren Schritt in diese Richtung: Ihnen gelang es, durch Manipulationen an Lasern das durch Fluktuationen im Licht verursachte Rauschen der Gravitationswellendetektoren zu verringern. Dadurch könne die Sensibilität der Observatorien künftig vielleicht sogar verdoppelt werden, was die Messung viel schwächerer Gravitationswellen als bisher möglich machen würde, so Nergis Mavalvala vom MIT.

Auch Belczynski und Kollegen wagen einen Blick in die Zukunft, in der die Instrumente von Observatorien wie Ligo weiter optimiert worden sind: Rund tausend Kollisionen Schwarzer Löcher könnten pro Jahr messbar werden, so ihre Einschätzung. Das kann noch dauern. Die nächste Ligo-Pressekonferenz steht hingegen vielleicht schon bald bevor: Daten, die auf ein weiteres Messereignis hinweisen, werden gerade überprüft. (David Rennert, 24.6.2016)