Wien – "Sind Sie mit der Art und Weise, wie die Demokratie in Österreich funktioniert, alles in allem sehr zufrieden, zufrieden, weniger zufrieden oder gar nicht zufrieden?" Diese Frage legte der Politikwissenschafter Peter Hajek im Auftrag des ATV Österreich-Trend 700 repräsentativ ausgewählten Wahlberechtigten vor – und nur jeder oder jede 20. Befragte sagte, er oder sie wäre sehr zufrieden. 36 Prozent aber sagten, sie wären weniger, 18 Prozent sagten gar, sie wären gar nicht zufrieden.

Diese 54-Prozent-Mehrheit der weniger oder gar nicht Zufriedenen (gegenüber 43 Prozent überwiegend oder völlig mit dem Zustand der Demokratie Zufriedenen) ist auch im Zeitvergleich der Umfragen seit 2009 nicht ungewöhnlich – das heißt: Es ist seit Jahren eine Mehrheit mit dem demokratischen System unzufrieden.

Freiheitliche Unzufriedenheit

Die größte Unzufriedenheit äußerten bekennende Freiheitliche: In dieser wachsenden Gruppe sind 38 Prozent gar nicht zufrieden damit, wie es in der österreichischen Demokratie läuft, weitere 41 Prozent der FPÖ-Wähler bezeichnen sich als "weniger zufrieden". Höher gebildete und jüngere Befragte äußern überdurchschnittlich hohe Zufriedenheit mit dem demokratischen System. In diesen Gruppen sowie unter ÖVP-Wählern gibt es mehr oder weniger deutliche Mehrheiten der Zufriedenen.

"Die Menschen in Österreich sind mit dem Zustand des demokratischen Systems und der empfundenen Gerechtigkeit unzufrieden. Die derzeitige Anfechtung der Bundespräsidentenwahl und die damit aufgezeigten Problemstellen im Wahlgesetz tragen sicher nicht zur Verbesserung der Stimmung bei. Die größte Bruchlinie in der Gesellschaft in dieser Frage stellt die Bildung dar", analysiert Studienautor Hajek.

Ein Drittel hält Präsidentenwahl für manipuliert

Er hat auch zur Bundespräsidentenwahl gefragt und seine Frage dabei sehr hart formuliert: "Wurde die Wahl zum Nachteil von Hofer ganz bewusst manipuliert?" Sie findet trotzdem bei einem Drittel der Befragten Zustimmung. Zwar sind nur 14 Prozent felsenfest davon überzeugt, dass betrogen wurde, jedoch können weitere 19 Prozent diesem Vorwurf zumindest ein bisschen etwas abgewinnen. Nur 35 Prozent sagen klar, dass die Wahl nicht manipuliert worden ist, weitere 25 Prozent erklären, dass sie "eher nicht" manipuliert worden ist.

Eindeutig von der Manipulation überzeugt sind FPÖ-Wähler: Satte 72 Prozent glauben an eine bewusste Manipulation, jeder dritte FPÖ-Anhänger ist sich da sogar ganz sicher. Auch in dieser Frage zeigen die höher gebildeten Menschen mehr Vertrauen als die bildungsferne Schicht. (Conrad Seidl, 24.6.2016)